Die neue Berchtesgadener
Land Bahn
Start mit dem neuen
Betreiber und
FLIRT-Triebwagen ab
Fahrplanwechsel 2009
von Peter
Brandl und
Arnulf Schuchmann
Mit dem internationalen
Fahrplanwechsel am 13.
Dezember 2009 beginnt
auch auf der knapp 34
Kilometer langen Strecke
Freilassing –
Berchtesgaden ein neues
Zeitalter. Ab diesem Tag
nimmt die
Berchtesgadener Land
Bahn (BLB) ihren Betrieb
auf. Neue, moderne
Fahrzeuge „FLIRT“,
Schaffnerbetrieb und
dichter Taktfahrplan an
365 Tagen im Jahr sind
nur einige Merkmale der
neuen Bahn.
Anmerkung der
Redaktion:
Anders
als in diesem
Artikel
beschrieben,
wird die BLB
vorerst mit
angemieteten
Ersatzfahrzeugen
pünktlich
starten, da sich
die
EBA-Zulassung
für die
FLIRT-Triebwägen
verzögert hat -
mit dem Einsatz
der
FLIRT-Triebwägen
ist ab Ende
Jänner zu
rechnen.
Aktuelle
Informationen
unter:
www.blb.info |
Historische Entwicklung
Seit 1860 konnte man per
Bahn von München über
Salzburg nach Wien
reisen. Und schon sechs
Jahre später errichtete
die Königlich- Bayrische
Staatsbahn (KBayStsB)
die Strecke von
Freilassing nach
Reichenhall (erst ab
1890 „Bad“ Reichenhall).
Dort war vorerst
Schluss, da die
Topographie in Richtung
Süden erheblichen
Widerstand bot. Gerade
aber der Tourismus wie
auch die Salzindustrie
verlangten eine adäquate
Erschließung von
Berchtesgaden. Es gingen
aber noch einige Jahre
vorüber, bis die
Eisenbahn Berchtesgaden
erreichen sollte.
Vorerst wurden
Trassenstudien erstellt,
wobei die Höhendifferenz
von Reichenhall zum
Hallthurm-Pass von 230
Meter eine
Herausforderung für die
Bahningenieure
darstellte. In der
Planungsphase wurden die
verschiedensten Trassen
geprüft, auch an eine
Realisierung als
Zahnradbahn wurde
gedacht. Schlussendlich
wurde aber die Trasse
gewählt, wie sie heute
noch besteht, wobei
Steigungen über 40
Promille zu überwinden
sind. Nach kurzer
Bauzeit verkehrte im
Herbst 1888 der erste
Dampfzug – vorgespannt
war die eigens von der
Firma Krauss & Co.,
München konstruierte ‘D
VIII’ von Reichenhall
nach Berchtesgaden.
Die Steigung der
Strecke, wie das
Güteraufkommen – hier
vor allem Kohle als
Brennstoff für die
Sudpfannen – und nicht
zuletzt die lange
Fahrzeit von Reichenhall
nach Berchtesgaden von
anfänglich 90 Minuten,
später 70 Minuten,
sprachen für die neu
eingeführte Technik der
Elektrifizierung. So
wurde bis 1913 in Bad
Reichenhall das
Saalachkraftwerk
errichtet (welches bis
heute Bahnstrom
liefert), 1916 wurde der
elektrische Bahnverkehr
aufgenommen. Dennoch
waren noch bis in die
1950er-Jahre
Dampflokomotiven in
Berchtesgaden
anzutreffen.
Parallel wurde auch auf
österreichischer Seite
das Berchtesgadener Land
erschlossen. Bereits
1886 errichtete die
Salzburger Eisenbahnund
Tramwaygesellschaft (SETG)
eine Lokalbahn vom
Salzburger Hauptbahnhof
durch die Stadt Salzburg
und weiter über
Hellbrunn und Grödig zur
vorläufigen Endstation
Drachenloch an der
Staatsgrenze nahe
Marktschellenberg. Über
20 Jahre später, im
Sommer 1907, erfolgte
dann der Lückenschluss
nach Berchtesgaden, zwei
Jahre später wurde die
Königsseebahn von
Berchtesgaden zum nahen
Königssee realisiert.
Das Aufkommen auf der
Bahnstrecke Freilassing
– Bad Reichenhall –
Berchtesgaden nahm
kontinuierlich zu. So
wurde auch die
Infrastruktur laufend
erneuert und ergänzt. Ab
1929 wurden stärkere
Elektrolokomotiven
eingesetzt, der Bahnhof
Berchtesgaden wurde
sukzessive ausgebaut,
und in Bischofswiesen
entstand eine
umfangreiche
Abstellanlage.
Im Herbst 1938 wurde
quasi über Nacht die
Lokalbahnstrecke
Berchtesgaden –
Hangender Stein (Grenze)
stillgelegt und
abgetragen. Der
Hintergrund war die
Planung zur Errichtung
einer Hauptbahn von
Berchtesgaden entlang
der Königssee-Ache über
Schellenberg nach
Elsbethen. Noch heute
zeugen davon das
überdimensionale
Bahnhofsgebäude und der
über 200 Meter lange
Bahntunnel östlich des
Hauptbahnhofes. Infolge
des Zweiten Weltkrieges
wurde das Projekt aber
nicht mehr
weiterverfolgt. Von nun
an trug die Bahnlinie
Freilassing – Bad
Reichenhall –
Berchtesgaden die
gesamte Transportlast im
Berchtesgadener Land.
Wie bei vielen anderen
Bahnen nahm der Erfolg
unmittelbar nach dem
Krieg mit der Zunahme
des Individualverkehrs
seit den sechziger
Jahren stetig ab. So
wurde 1965 auch die
Königsseebahn von
Berchtesgaden zum
beliebten Tourismusziel
in den Berchtesgadener
Alpen stillgelegt und
dem Schienenersatz- bzw.
Autoverkehr überlassen.
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z01.jpg) |
Zukunft trifft
Vergangenheit:
Triebwagen ET 7
„Grüne
Elektrische“
verkehrte bis
1938 von
Salzburg über
die direkte
Strecke durch
die Stadt
Salzburg und
über Hellbrunn,
Anif, Grödig,
Marktschellenberg
nach
Berchtesgaden
und auch weiter
bis zum
Königssee. ET
131 „Flirt“
verkehrt ab
Dezember 2009 im
System S-Bahn
Salzburg
integriert über
Taxham-Europark,
Freilassing,
Piding, Bad
Reichenhall,
Bayerisch Gmain
und
Bischofswiesen
nach
Berchtesgaden.
Foto: Philipp
Mackinger |
Trotzdem konnte sich
aber die Bahnlinie von
Freilassing nach
Berchtesgaden vor allem
im Fernverkehr
behaupten. Gerade in den
fünfziger und sechziger
Jahren zeugen davon
zahlreiche Sonderzüge,
welche Gäste aus
Norddeutschland in die
bayrische Gebirgsregion
brachten. Seit 1983 gab
es zwei tägliche
Fernverkehrsverbindungen
von/nach Dortmund und
Hamburg. Letztere
verkehrt auch heute
noch.
Mit dem Sommerfahrplan
2006 wurde endlich auch
der Nahverkehr adäquat
aufgewertet.
ÖBB-Talent-Triebwagen
verkehrten seitdem im
Auftrag der DB-Regio auf
der Berchtesgadener
Strecke, wobei die Züge
meist bis Salzburg,
Golling, Schwarzach oder
Saalfelden
umlauftechnisch
durchgebunden wurden.
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z02.jpg) |
Bis Dezember
2009 bewältigten
ausschließlich
die
ÖBB-Triebwagen
BR 4023/24
stündlich den
Nahverkehr im
Auftrag von DB
Regio. Zukünftig
verkehrt der
Talent im
Auftrag der BLB,
meist ist aber
der Flirt auf
der
Berchtesgadener
Land Bahn
unterwegs.
Foto: Philipp
Mackinger |
Die Ausschreibung des
Bahnbetriebes
Wie in Bayern schon auf
vielen anderen Strecken
geschehen, schrieb die
Bayerische
Eisenbahngesellschaft
(BEG) 2006 den Betrieb
zwischen Freilassing und
Berchtesgaden mit
zunächst rund 420.000
jährlichen Zugkilometern
öffentlich aus. Das Ziel
der bayrischen Regierung
war dabei klar: mehr und
bessere Leistung für
weniger Geld.
Den Zuschlag für den
Regionalverkehr ging an
die Bietergemeinschaft
Regentalbahn AG /
Salzburg AG. Das
Wettbewerbsprojekt war
in dem bereits im Jahr
2004 abgeschlossenen
Verkehrsdurchführungsvertrag
mit der DB Regio
vereinbart und im
bayerischen
Schienennahverkehrsplan
für die Jahre 2003 bis
2006 entsprechend
veröffentlicht worden.
Weiterhin setzte sich
der Landkreis
Berchtesgadener Land
sehr dafür ein, die
Verkehrsleistungen auf
der Berchtesgadener Bahn
im Wettbewerb zu
vergeben, nachdem die
Deutsche Bahn die
Strecke lange
vernachlässigt hatte.
Gegenstand der
Ausschreibung waren
SPNV-Leistungen auf der
Linie Freilassing –
Berchtesgaden ab dem
Fahrplanjahr 2010 mit
einer Vertragslaufzeit
von zwölf Jahren.
Gefordertwar der Einsatz
neuer, leistungsstarker,
klimatisierter und
niederfluriger
Triebwagen. Die
Bietergemeinschaft wird
diese Forderungen mit
dem Einsatz von fünf
fabrikneuen
Elektrotriebwagen des
Typs „Flirt“ der Firma
Stadler erfüllen.
Ursprünglich strebte die
BEG eine gemeinsame
Ausschreibung des
grenzüberschreitenden
Verkehres mit dem Land
Salzburg an, was im
Hinblick auf das
S-Bahn-System Salzburg
durchwegs Sinn ergeben
hätte. Schlussendlich
scheiterte dieses
Ansinnen aber an den
rechtlich sehr komplexen
Rahmenbedingungen und
Finanzierungsfragen, so
dass „nur“ die Strecke
Freilassing – Bad
Reichenhall –
Berchtesgaden
ausgeschrieben wurde.
Diese Tatsache stellte
die Bietergemeinschaft
auch vor die größte zu
nehmende Hürde auf dem
Weg zur
Betriebsaufnahme.
Seitens der Fahrgäste
und auch der regionalen
Politik auf beiden
Seiten der Staatsgrenze
wurde die derzeit von
DB/ÖBB realisierte
durchgängige Verbindung
nach Salzburg gefordert,
ohne dass jedoch hierfür
eine Finanzierung auf
der Salzburger Seite zur
Verfügung gestellt
wurde. Gemeinsam mit den
ÖBB wurde lange an einer
Durchbindung gearbeitet,
die auf einem
Naturalausgleich der
Leistungen beruht,
sodass keine größeren
Transferzahlungen
fließen.
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z13.jpg)
Die Berchtesgadener
Land Bahn
Am 4. Mai 2009 wurde
die Berchtesgadener Land
Bahn GmbH gegründet,
wobei sowohl die
Regental
Bahnbetriebs-GmbH als
auch die Salzburg AG je
50 % halten. Beide
Mutter-Gesellschaften
bringen mehr als
einhundert Jahre
Erfahrung und Tradition
im Eisenbahnverkehr ein,
sodass die gemeinsame
Tochtergesellschaft
sicher
betrieblich-technisch
erfolgreich wird. Ob
dies auch im Hinblick
auf die Fahrgäste und
die Nachfrage der Fall
sein wird, ist offen.
Das Betriebskonzept, die
neuen Fahrzeuge, der
Schaffnerbetrieb und die
Vermarktung sind
jedenfalls dazu angetan,
dass sich auch auf der
Seite der
Fahrgastnachfrage Erfolg
einstellt.
Die BLB schafft 32 neue
Arbeitsplätze – 15
Zugbegleiter und 17
Triebfahrzeugführer.
Mitarbeiter, welche
heute bei der Deutsche
Bahn AG tätig sind,
haben sich nicht für die
ausgeschriebenen Stellen
beworben. 25
Arbeitsplätze wurden von
der BLB mit
MitarbeiterInnen aus dem
Berchtesgadener Land
besetzt und somit dort
25 neue Arbeitsplätze
geschaffen, sieben
kommen aus Salzburg und
anderen Regionen
Deutschlands.
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z03.jpg) |
Die
Berchtesgadener
Land Bahn setzt
auf Qualität und
Service. Neben
einem
attraktiven
Fahrplan sind es
die Zugbegleiter
und -innen, die
dem Fahrgast im
Zug Fahrscheine
verkaufen,
Service bieten
und Sicherheit
vermitteln.
Foto: Philipp
Mackinger |
Wie bei der Salzburger
Lokalbahn seit Jahren
bewährt, setzt auch die
BLB auf
Zugbegleiter/-innen, die
dem Fahrgast im Zug
Fahrscheine verkaufen,
Service bieten,
Sicherheit vermitteln
und einfach für ihre
Fahrgäste da sind, wo
sie gebraucht werden.
Konsequenterweise werden
die derzeit bestehenden
Fahrscheinautomaten
abgebaut; fehlendes
Kleingeld, nicht
funktionierende
Automaten oder das
„Fahrgast-Abitur“ als
Voraussetzung für einen
richtigen Fahrschein
gehören damit der
Vergangenheit an.
Selbstverständlich
erfolgt der Verkauf von
Fahrscheinen im Zug ohne
Aufpreis.
Neu auf der Strecke
zwischen Freilassing und
Berchtesgaden ist die
Einführung der 1. Klasse
in einem abgetrennten
Bereich, der die
Fahrgäste noch
komfortabler reisen
lässt.
Die BLB sieht sich als
regionale Bahn: Für die
Region und verbunden mit
der Region. Daher wird
großer Wert auf
regionale Partner
gelegt, mit denen
Kooperationen
eingegangen werden, um
den Fahrgästen Mehrwerte
zu bieten. Diese werden
sich in regelmäßigen
Gutscheinaktionen
äußern, durch welche die
Fahrgäste die Leistungen
der Kooperationspartner
gratis oder verbilligt
nutzen können.
Die Eisenbahn im
Berchtesgadener
Land –
Impressionen
einer bewegten
Bahnbetriebsgeschichte |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z04.jpg) |
„Hallthurm“
– ein
markanter
Streckenabschnitt
im
Berchtesgadener
Land ist
der
Namensgeber
der
Dampflokomotive
‘D VIII’
aus den
Anfangsjahren
des
Betriebes.
Quelle:
Slg.
Gerhard
Thiel |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z05.jpg) |
Auch die
Güterzuglokomotiven
BR 194
kamen
regelmäßig
in das
Berchtesgadener
Land.
Quelle:
Slg.
Gerhard
Thiel |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z06.jpg) |
Die
Elektrolokomotiven
der
Baureihe
BR 1445
zählten
jahrelang
zu den
Stamm-Triebfahrzeugen
im
Berchtesgadener
Land.
Foto:
Gerhard
Thiel |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z07.jpg) |
Die
Universallokomotiven
BR 140
mit den
Nahverkehrswagen
„Silberlinge“
prägten
lange
das Bild
im
Berchtesgadener
Land.
Foto:
Gerhard
Thiel |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z08.jpg) |
Im
Nahverkehr
kamen
auch die
Schnellzuglokomotiven
BR 111
zum
Einsatz.
Quelle:
Slg.
Gerhard
Thiel |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z09.jpg) |
Wendezüge
mit
zuletzt
modernisierten
„Silberlingen“
auf der
Strecke
Freilassing
–
Berchtesgaden,
eine
jahrzehntelange
Betriebsform.
Foto:
Thomas
Oberkalmsteiner |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z10.jpg) |
Von
Dezember
2006 bis
Dezember
2009
verkehrten
die
ÖBB-Triebwagen
BR
4023/4024
im
Auftrag
von DB
Regio
als
EUregionale
Verbindung
zwischen
Salzburg,
Freilassing
und
Berchtesgaden.
Foto:
Thomas
Oberkalmsteiner |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z11.jpg) |
Ab
Dezember
2009 ist
die
Berchtesgadener
Land
Bahn
grenzüberschreitend
unterwegs.
Foto:
Peter
Brandl |
|
Fahrzeuge
Die BLB hat bei
AngelTrains fünf
Triebwagen des Typs
„Flirt“ geleast. Der von
Stadler in Berlin-Pankow
produzierte „Flirt“ –
was für Flinker Leichter
Innovativer
Regional-Triebzug steht
– ist ein speziell für
den Regional- und
S-Bahnverkehr
konstruierter
Niederflur-Triebzug. Die
dreiteilige Ausführung
der BLB ist ein
klassisches
Vollbahnfahrzeug mit 58
Meter Länge und einer
Spurweite von 1.435 mm.
Die elektrische
Ausrüstung ist auf eine
Fahrdrahtspannung von 15
kV bei 16,7 Hz
ausgelegt. Damit wird
eine maximale
Antriebsleistung von
beachtlichen 2.600 kW
erreicht, weshalb die
besonderen Merkmale des
„Flirt“ auch die große
Beschleunigung und die
starke Bremskraft sind –
und das bei geringem
Gewicht. Ungewöhnlich
ist auch die im
Nahverkehr sehr hohe
Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h, die jedoch
auf der gegenständlichen
Strecke nicht erreicht
wird.
Im Fahrzeug gefällt die
übersichtliche
Raumaufteilung, wobei
der Niederflur- Anteil
fast 90 % (Fußbodenhöhe
600 mm über
Schienenoberkante)
beträgt, sodass der
durchgehend
barrierefreien
Fahrgastraum keine
Stolperstufen aufweist.
Drei
Multifunktionsabteile an
den 1,3 Meter breiten
Türen schaffen Platz für
Fahrräder, Kinderwagen,
Rollstühle und
Traglasten. Um an den
Bahnsteigen mit
teilweise
unterschiedlicher Höhe
auch ein barrierefreies
Ein- und Aussteigen zu
ermöglichen, verfügt das
Fahrzeug über
Schiebetritte.
Zusätzlich sind die
Fahrzeuge der BLB auch
mit 16 Plätzen der 1.
Klasse ausgestattet.
Stadler hat mittlerweile
schon mehr als 500
„Flirt“ in Betrieb
genommen. Neben der
Schweiz und Deutschland
sind die Fahrzeuge
beispielsweise auch in
Ungarn, Italien,
Finnland und Algerien
unterwegs. Mittlerweile
wird sogar ein
„Doppelstock-Flirt“
entwickelt, welcher ab
2011 unter anderem bei
der S-Bahn Zürich im
Einsatz sein wird.
Technische Daten im
Detail (Jpeg, 341
KB)
Betriebsablauf
Die Strecke stellt an
die Betriebsplanung eine
echte Herausforderung
dar. Dafür sorgt schon
einmal die
Eingleisigkeit der
gesamten Strecke.
Kreuzungsmöglichkeiten
bestehen zwischen
Freilassing und
Berchtesgaden nur in
Hammerau, Piding, Bad
Reichenhall, Hallthurm
und Bischofswiesen.
Gleichzeitig ist die
Stellwerkstechnik dieser
Strecke veraltet, die
Höchstgeschwindigkeit
mit 90 km/h (Freilassing
– Bad Reichenhall) bzw.
mit 50 km/h (Bad
Reichenhall –
Berchtesgaden) sehr
niedrig festgelegt. Dazu
kommen noch zahlreiche
Langsamfahrstellen,
verursacht vor allem
durch
Eisenbahnübergänge.
Fahrplantechnisch ist
dann noch die
Schwierigkeit der
unterschiedlichen
Anschlusszeiten in
Freilassing zu meistern.
Zwar verkehrt die S 3
Richtung Salzburg
regelmäßig im
30-Minuten-Takt,
allerdings sind auch für
die Reisenden von/nach
München und Mühldorf
optimierte Übergänge zu
bieten.
Dem nicht genug, stellt
der viermal täglich
verkehrende RE/RB (der
von/nach Hamburg
verkehrende „IC
Königssee“) mit seinem
abweichenden
Fahrzeitenprofil (Lok
und Wagen mit wesentlich
schlechteren
Beschleunigungs- und
Bremswerten als der
„Flirt“) eine weitere
„Störquelle“ im
Taktverkehr dar.
Im Versuch, alle Wünsche
und Zwänge bestmöglich
zu erfüllen, entstand
der vorliegende
Fahrplan, welcher sich
trotz aller Zwänge ohne
Weiteres mit dem
Individualverkehr auf
der Straße messen kann.
In Berchtesgaden
verkehrt die S 4 von
6:20 bis 20:20 stündlich
und regelmäßig Richtung
Freilassing (letzte
Abfahrt 22:24). Ab Bad
Reichenhall wird dieser
Takt von der stündlich
Richtung Freilassing –
Salzburg – Golling
verkehrenden S 3
überlagert (8:11 bis
19:11 mit zwei kleinen
Abweichungen).
Abfahrtsminute in Bad
Reichenhall Richtung
Norden ist so in der
Regel 11 und 51. In der
Gegenrichtung startet
die von Salzburg
kommende S 3 in
Freilassing (bis Bad
Reichenhall) zur Minute
29. Zur Minute 47
verkehrt dort die S 4
nach Berchtesgaden (Bad
Reichenhall i. d. R. ab
Minute 04).
Neu ist dabei nicht nur,
dass tagesdurchgängig
zwei Züge pro Stunde und
Richtung verkehren. Vor
allem der täglich
gleiche Fahrplan,
Werktag wie Sonntag,
ermöglicht den Kunden
eine einfache Handhabung
der Bahn als
Verkehrsmittel.
Abweichend davon sind
nur einige Züge in der
Früh,welche vor allem
dem Berufsverkehr
dienen, sowie der am
Freitag, Samstag und
Sonntag verkehrende
„Nachtzug“ ab
Freilassing um 23:37, an
in Berchtesgaden um
0:23. Er soll gerade der
jungen Bevölkerung eine
Alternative zum Pkw
bieten; am Sonntag dient
er der Bundeswehr als
später Zubringer in die
Kaserne.
Obwohl die BEG nur den
Abschnitt Freilassing –
Berchtesgaden
ausgeschrieben hatte,
war allen Beteiligten
klar, dass, entsprechend
den Kundenströmen, auch
eine Durchbindung nach
Salzburg bzw. eine
Integration in das
S-Bahn-Netz Salzburg
sinnvoll wäre. Nur durch
die partnerschaftliche
Kooperation von ÖBB
sowie BLB und die
Unterstützung der BEG
war es möglich, dass die
stündlichen Züge der S 3
von/bis Bad Reichenhall
bis/von Golling (am
Sonntag nur bis/von
Salzburg) verkehren.
Hier wurde der
Umlaufplan der Fahrzeuge
so erstellt, dass
viermal täglich der
„Flirt“ von Bad
Reichenhall bis Golling
verkehrt. Achtmal
täglich erreicht der
„Talent“ Bad
Reichenhall, womit
annähernd ein
Sitzplatzkilometer-Ausgleich
möglich ist. Die
Verantwortung wechselt
ebenso in Freilassing
wie auch das
Zugpersonal. Somit sind
auch die „Talent“ in
Bayern mit Schaffner
besetzt, die „Flirt“
verkehren in Salzburg
ohne Zugbegleiter.
Werktägig verkehren so
15 Zugpaare der S 4 von
Berchtesgaden bis
Freilassing (dazu noch
zwei Zugpaare RE/RB der
DB Regio) und 12
Zugpaare als S 3 von Bad
Reichenhall nach
Salzburg/Golling.
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z12.jpg) |
Innerdeutschen
Fernverkehr wird
es auf der BLB
auch zukünftig
geben. Hier ist
IC „Königssee“
am 14. April
2007 als RE2083
bei Hallthurm in
Richtung
Berchtesgaden
unterwegs.
Foto: Thomas
Oberkalmsteiner |
Ausblick
Im Laufe des
zwölfjährigen
Verkehrsvertrages ist
der Ausbau der
Leistungen der BLB in
verschiedener Hinsicht
denkbar. So wird über
neue Haltepunkte
diskutiert (Freilassing-Hofham,
Bad Reichenhall-
Landratsamt, Bad
Reichenhall-Mitte,
Hallthurm), wobei hier
jeweils das Wohlwollen
der Deutsche Bahn AG
Voraussetzung ist. Ohne
deren Bereitschaft und
vorgängige Finanzierung
(die anfallenden Kosten
fließen über Trassen –
und Stationspreise
wieder zurück) ist an
eine Realisierung nicht
zu denken. Möglich
erscheint auch eine
Verlängerung der
Berchtesgadener Land
Bahn in Berchtesgaden im
Sinne einer Stadtbahn.
Der erste Abschnitt –
nämlich der alte Tunnel
aus der Kriegszeit – ist
dafür schon vorhanden.
Die BLB setzt alles
daran, für die Region
die Erwartungen zu
erfüllen und die
Berchtesgadener Land
Bahn in die Herzen der
Bevölkerung sowie der
Touristen zu bringen.
Nur wenn dies
gelingt,war die
Ausschreibung der
Leistungen im Jahr 2006
jenseits von
wirtschaftlichen
Aspekten ein wirklicher
Erfolg. Die BLB – Bahn
der Menschen im
Berchtesgadener Land.
Quellen:
• Angerer M. und H.
Birkner (2009): 120
Jahre Bahngeschichte
Berchtesgaden,
Berchtesgadener
Schriftenreihe Nr. 26.
• Behringer M. (2009):
Aufbruchstimmung bei der
Berchtesgadener Land
Bahn, Regionale Schienen
1/2009.
• Harrer H. und B.
Holcomb (1980):
Salzburger Lokalbahnen,
Verlag Slezak.
• Högl P. und W. Köppl
(2007): Zukünftige
Betreiber der
Bahnstrecke nach
Berchtesgaden, Regionale
Schienen 1/2007.
• Mackinger G. (1985):
Das Bw Berchtesgaden
Die Autoren |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z15.jpg)
|
DI Peter Brandl ist Centerleiter ‘Stadt- und Regionalverkehr’ bei der Salzburger Lokalbahn. Er ist verantwortlicher Projektleiter zur Inbetriebnahme der Berchtesgadener Land Bahn. |
![](images/sites/0/onlineThema/0912_z16.jpg)
|
DWI Arnulf Schuchmann ist Vize-Direktor der Salzburger Lokalbahn und Geschäftsführer der Berchtesgadener Land Bahn GmbH. |
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