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Innovative Technologien aus Österreich
Wirtschaft, Klima und Gesellschaft profitieren von Investitionen in den ÖV

von Robert Schrempf, RS-Redakteur

Der Öffentliche Verkehr spielt für Österreichs Wirtschaft und den Arbeitsmarkt eine enorm wichtige Rolle. Verkehrsunternehmen wie die ÖBB und die mit dem System Bahn komplementär verbundenen Unternehmen tragen darüber hinaus in vielfältiger Weise dazu bei, den Industrie- und Technologiestandort Österreich abzusichern. Wir werfen einen kleinen Blick auf die vielfältige und dynamische Branche.

Titelbild: Investitionen in den Bahnausbau stärken die heimische Wirtschaft. An der neuen, vorübergehenden Endstation Gmunden Seebahnhof der Traunseebahn sind beispielsweise der Haltestellen-Unterstand (Gmundner Fertigteile) und die Flexity-Niederflurtram (Bombardier/Elin) „made in Austria“. © Foto: Robert Schrempf

Für das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) sind Investitionen in den Ausbau der Schiene ein wichtiger Bestandteil für die Absicherung des Wirtschaftsstandortes und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Mit dem gezielten Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel entsteht nicht nur ein leistungsfähiges und gut funktionierendes Verkehrssystem , sondern es werden auch viele Arbeitsplätze in den Bereichen Mobilität, Innovation und der Bauwirtschaft geschaffen. Der Öffentliche Verkehr ist also nicht nur eine unverzichtbare Dienstleistung der Daseinsvorsorge, sondern auch ein starker Jobmotor und sichert gemeinsam mit den Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge 170.000 Arbeitsplätze in vielschichtigen Branchen (Quelle: Arbeiterkammer).

Nachhaltige Mobilität sichert nachhaltige Arbeitsplätze
Eine Branche, die österreichische Bahnindustrie, ist in vielen Bereichen ein „Hidden Champion“ (Marktführer), stellt die Studie „Der ökonomische Fußabdruck des Systems Bahn“ fest. In den vergangenen Jahren profitierte Österreichs Wirtschaft von der wachsenden Nachfrage für Schienenfahrzeuge und technische Ausrüstungen auf dem Weltmarkt. Etliche Unternehmen spielen, unterstützt durch einen starken Heimmarkt und die österreichische Verkehrs- und Innovationspolitik, auf dem Weltmarkt eine führende Rolle. Die rund 8.100 Beschäftigten erreichten zuletzt eine Exportquote von 71 Prozent. Bei den Inlandsumsätzen gehen mehr als die Hälfte auf Aufträge der ÖBB zurück. Ohne diesen inländischen Referenzmarkt als internationales Schaufenster wären die außerordentlichen Export- und Innovationserfolge nicht im selben Umfang möglich.

Globale Marktführer
Österreich verfügt über herausragende Unternehmen, etwa die voestalpine Schienen GmbH mit Sitz in Leoben-Donawitz. Diese gilt als europäischer Marktführer und Innovationspionier von Weltruf in der Entwicklung und Fertigung von Eisenbahnschienen. Ebenso gilt die voestalpine Weichensysteme GmbH aus Wörth und Zeltweg als globaler Markt- und Technologieführer.

Plasser & Theurer ist weltweit der einzige Komplettanbieter für den Bau und die Instandhaltung des Eisenbahn-Fahrwegs und hat über 10.000 Patente angemeldet, wovon mehr als 2.000 noch wirksam sind. Der österreichische Ingenieur und Unternehmer Dr. Josef Theurer ist die Schlüsselfigur hinter zahlreichen Erfindungen: Er entwickelte zum Beispiel die erste hydraulisch arbeitende Gleisstopfmaschine der Welt, den ersten Schnellumbauzug in Fließbandtechnik und die erste kontinuierlich arbeitende Vier-Schwellen-Nivellier-, Richt- und Stopfmaschine mit integrierter dynamischer Gleisstabilisation.

Heute ist das Unternehmen, dessen Stammwerk sich in Linz befindet, auf allen Kontinenten präsent und beschäftigt alleine in Österreich 1.650 Mitarbeiter. Mit mehr als 14.700 Großmaschinen, die seit 1953 in 106 Länder geliefert wurden, ist Plasser & Theurer einer der größten Exporteure Österreichs.
 

Für den Einsatz beim zurzeit größten Eisenbahnprojekt der Arabischen Welt, dem „North-South Project“ (2.400 km), liefert Plasser & Theurer eine Reihe von Gleisinstandhaltungsmaschinen, darunter auch vier SRM 500 Sandräummaschinen.

© Foto: Plasser & Theurer

Größter Auftrag im Telekommunikationsbereich
Kapsch CarrierCom aus Wien entwickelte aus der langjährigen Erfahrung mit Telekommunikationssystemen das Geschäftsfeld „Public Transport“, das kürzlich den bislang größten Auftrag für die Einführung eines digitalen Funknetzes erhielt. Der Auftraggeber Nexus betreibt in Newcastle Großbritanniens meistfrequentiertes Personennahverkehrsnetz außerhalb Londons. Das neue digitale Funksystem ist Teil eines Modernisierungsprogramms der Tyne and Wear Metro.

Neben Global Playern widmen wir uns auch einigen weniger bekannten, dennoch international erfolgreichen Unternehmen. Die Firma Linsinger Austria ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das sich durch Innovation in einem hochspezialisierten Nischenmarkt etablieren konnte. Basierend auf der weltweit modernsten Technologie, werden Fahrzeuge zur Reprofilierung des Schienenkopfes erzeugt. Die Exportquote beträgt 98 %, die Maschinen finden ihren Hauptabsatzmarkt im EU-Raum und in Schwellenländern. Mit rund 350 Beschäftigten repräsentiert Linsinger den Typus eines mittelständischen Unternehmens, das wie viele andere das Rückgrat der österreichischen Wirtschaftsstruktur bildet.

Das patentierte Bodan-Gleiseindeckungs-System der Firma Gmundner Fertigteile wird heute weltweit bei Eisenbahnkreuzungen verwendet. In Ohlsdorf fertigt das Unternehmen darüber hinaus Bahnsteigzubehörteile, technische Gebäude (etwa für Unterwerke) und Haltestellen- Unterstände.

Herz aus Österreich
Seit über 50 Jahren werden Traktionsantriebe im ehemaligen Werk der Brown Boveri in Wiener Neudorf gefertigt. Alleine in den letzten zehn Jahren verkaufte das österreichische Unternehmen Traktionssysteme Austria (TSA) rund 25.000 Motoren. Jüngste Aufträge umfassen etwa die Lieferung der Motor-Getriebe-Einheiten für die Niederflurtrams für Stern & Hafferl (StadtRegioTram Gmunden), für die Karlsruher Verkehrsbetriebe oder für jene der ungarischen Hauptstadt Budapest, aber auch für diverse Stadler-Triebzüge oder beispielsweise für die neuen Salzburger Obusse im Metro-Style-Design.

Seit vergangenem Herbst fertigt die Firma Hammerer Aluminium Industries (HAI) mit Sitz in Ranshofen 93 Rohwagenkästen für die neue Generation der Wuppertaler Schwebebahn. Die in Aluminium-Leichtbauweise gefertigten Wagen werden im spanischen Valencia durch Vossloh zu insgesamt 31 dreiteiligen Schwebebahn- Garnituren komplettiert. „Nur wer überdurchschnittliche Qualität liefert, kann sich im internationalen Fahrzeugbau durchsetzen. Das gilt für den Eisenbahnbereich genauso wie für die Automobilbranche. Wir freuen uns sehr, dass wir diesen Großauftrag nach Österreich holen konnten!“, erklärte Rob van Gils, Geschäftsführer der HAI Gruppe.
 

Die Wuppertaler Schwebebahn setzt auf die Aluminium-Technologie aus dem Innviertel; abgebildet ist ein Rohbauwagenkasten.

© Foto: HAI

Antriebssysteme für Helsinki
Darüber hinaus haben bedeutende Unternehmen ihre Standorte in Österreich: zum Beispiel das in St. Pölten angesiedelte Unternehmen Voith Turbo, ein Teil des weltweit agierenden Technologiekonzerns Voith GmbH, welches ein Spezialist für Antriebslösungen und -systeme ist. Es fertigt in St. Pölten Radsatz- und Turbogetriebe für Schienenfahrzeuge. Der österreichische Standort gilt innerhalb von Voith als Wiege der Hydrodynamik. Und so kam auch das weltweit erste Turbogetriebe in einem Schienenbus der ÖBB zum Einsatz.
 

Die neuen Niederflurtrams „Artic“ in Helsinki werden mit Antriebssystemen von Voith Turbo ausgestattet.

© Foto: Voith Turbo

Im Konsortium mit Transtech entwickelte Voith den Niederflur-Straßenbahnwagen „Artic“ für die Betreibergesellschaft Helsinki City Transport. In der Hauptstadt Finnlands sind die klimatischen Bedingungen (Minusgrade mit Dauerfrost, salzhaltiges Tauwasser und Temperaturen bis über 30 Grad Celsius) besonders anspruchsvoll. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Winter-Testbetriebes der ersten beiden Prototypen (Verfügbarkeit 97 %) wurde ein wesentlicher Meilenstein für die Serienproduktion weiterer 38 Fahrzeuge erreicht. Artic ist mit einem energieeffizienten elektrischen Antriebssystem ausgestattet, welches jede Achse für sich antreibt. Es beinhaltet Hochspannungsausrüstung, zwei Doppel-Traktionsstromrichter und acht vollständige Antriebseinheiten, bestehend aus Motor-Getriebe-Einheit, Rädern, Achsen und Achslagern. Voith liefert darüber hinaus die antriebsnahe Fahrzeugsteuerung und das Diagnosesystem.

Von Algier bis Zürich
Der „Knorr-Bremse“-Konzern mit Firmenhauptsitz in München ist der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Seit 1988 gehört die 1918 in Mödling gegründete Zelisko GmbH zur Unternehmens-Gruppe. Die Zelisko Eisenbahnsicherungstechnik entwickelt und produziert Verkehrsmanagementsysteme und Eisenbahn-Signaltechnik. Seit 2002 ist auch IFE Automatic Door Systems Teil des Konzerns Knorr-Bremse. Das in Kematen an der Ybbs beheimatete Unternehmen konnte sich als führender Komplettanbieter automatischer Türsysteme für Schienenfahrzeuge auf dem Weltmarkt, von Algier bis Zürich, behaupten.

SKF Österreich ist Teil eines schwedischen Weltkonzerns, beschäftigt über 800 Mitarbeiter und hat seinen Hauptsitz im traditionsreichen Wälzlagerwerk in Steyr (vormals Steyr Daimler Puch). SKF-Wälzlager kommen an den unterschiedlichsten Stellen in allen Arten von Schienenfahrzeugen zum Einsatz. Sie sind Schlüsselkomponenten in Radsatzlagerungen und Antriebssystemen wie Fahr- und Tatzlagermotoren. Weitere Anwendungsfälle sind Getriebe, Stoßdämpfer, Kippmechanismen, Türen usw. Zu den neueren Entwicklungen gehören Sensoren zur Erkennung von Drehzahl, Drehrichtung, Lagerzustand und Drehgestell-Stabilität.

Kompetenzzentrum für Klimaversuche
Im Klima-Wind-Kanal in Wien des international tätigen Forschungsund Testinstituts Rail Tec Arsenal (RTA) werden Fahrzeuge und Komponenten unter realistischen Betriebsbedingungen getestet. Auf Knopfdruck kann hier jedes Wetter – von extremer Sonneneinstrahlung bis hin zu Schnee, Eis und Regen – erzeugt werden. Kombiniert mit Fahrtwind, Last- und Fahrzyklus-Simulation, lassen sich praxisnahe Testszenarien herstellen. Zahlreiche internationale Hersteller kommen mit ihren neuen Fahrzeugen nach Wien, um Fahrgastkomfort, Sicherheit, Verfügbarkeit und Energie-Effizienz bei jedem Wetter zu gewähren.
 

Mitte Juni 2014 weilte ein von Vossloh gefertigter und mit Motor-Getriebe-Einheiten von TSA ausgerüsteter „Citylink“ für die Karlsruher Verkehrsbetriebe im Klima-Wind-Kanal in Wien.

© Foto: Robert Schrempf

Wohlfahrtsgewinne für die Bevölkerung
Neue Verkehrswege schaffen neben kurzfristigen Effekten bei der Infrastruktur- Errichtung vor allem durch die Nutzung der Bahninfrastruktur langfristig positive Produktivitätseffekte für den österreichischen Unternehmenssektor sowie durch ein Mehr an Mobilität Wohlfahrtsgewinne für die Bevölkerung. In den letzten Jahren trug neben dem Ausbau der großen Korridore insbesondere die Modernisierung der Bahnhöfe dazu bei, das Image des Systems Bahn deutlich zu verbessern.

Österreichische Tunnelbauspezialisten sind weltweit gefragt, beispielsweise in Singapur beim Bau der Metro oder in der Schweiz beim Gotthard- Basistunnel. Jüngster Auftrag: Die Firma Strabag errichtet im Konsortium mit dem italienischen Baukonzern Salini Impregilo den 380 Millionen Euro teuren Abschnitt „Tulfes – Pfons“ des umstrittenen Brenner-Basistunnels.

Bis 2020 werden laut den ÖBB die in den Ausbau der Bahn aufgewendeten Investitionen Bruttowertschöpfungseffekte von insgesamt rund 13,6 Milliarden Euro in Österreich auslösen und damit den Technologiestandort Österreich weiter festigen.

 

Dieser Artikel ist in der RS-Fachzeitschrift 3/2014 erschienen.

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