„Fahrgastmatura“
im Fach Radmitnahme
Verschiedene Tarife und Bestimmungen verwirren Radurlauber
von Mag. Karl Regner
Die Mitnahme des Fahrrades ist
in Zügen in Österreich und Umgebung zwar bei vielen Zügen
möglich, aber die Details sind sehr unterschiedlich.
Öffentliche Verkehrsmittel und das Radfahren stellen eine
wesentliche Erfolgskombination im Alltags- und
Freizeitverkehr dar, weil Bahn und Bus bei Ausflügen den
Rücktransport zum Ausgangsort ermöglichen. Daher ist es
wichtig, dass Fahrräder bequem und ohne Reservierung
mitgenommen werden können. Die Bahnbenützung erweitert den
Aktionsradius bei Radausflügen. Mit der Bahn können die aus
Sicht der Radfahrer weniger attraktiven Strecken überbrückt
werden.
Preisbeispiele für
Radmitnahme
(Regionalverkehr): |
ÖBB |
SLB |
Einzelfahrt |
--- |
€ 1,20 |
Tageskarte |
€ 2,90 |
€ 2,40 |
7-Tage-Karte |
€ 7,50 |
€ 6,00 |
Monatskarte |
€ 22,50 |
€ 18,00 |
Bei Fahrten innerhalb Tirols und
Vorarlbergs gelten niedrigere Preise. Für Schnellzüge muss
man beim Schalter eine EC/IC- Fahrradtageskarte um € 6,80
lösen. Hat man bereits eine Radmitnahmekarte für den
Regionalverkehr, kostet sie um € 2,90 weniger.
EC/IC-Fahrradtageskarten inkludieren bei rechtzeitiger
Bekanntgabe (in der Regel drei Stunden vor Abfahrt des Zuges
im Abgangsbahnhof) Platzreservierungen für Person und Rad.
Wenn Platz ist, kann man auch spontan mitfahren.
In den ÖBB-Automaten sind die
Regionalverkehr-Radkarten neben den Hundekarten zu finden.
Wer eine ÖBB-Vorteilskarte erwirbt, bekommt für fünf
beliebige Tage die Radmitnahme im Nah- und Fernverkehr
geschenkt, Familien erhalten den Radscheck für zehn Tage. Im
Tarifangebot 1-Plus-Freizeitticket ist die Radmitnahme
enthalten.
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Bei Fernzügen ist es nicht
selbstverständlich, dass Platz für Fahrräder
ist; rechtzeitige Anmeldung ist daher
not-wendig
Foto: Christa SCHLAGER
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Radaufhängehaken in den Zügen verhindern
Beschädi-gungen
Foto: Christa SCHLAGER
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Ärger bereitet, dass
Fahrgäste beim Übergang auf Privatbahnen (beispiels-weise
bei Ausflügen mit Murtalbahn, Attergau- und
Traunsee-bahn, Infos unter:
http://www.stern-verkehr.at/
sverkehr/Bahnen/Traunseebahn.html) fürs Fahrrad
erneut zahlen müssen. Die negative Emotion wiegt
viel schwerer als die geringen Mehreinnahmen. Es
wäre sympathischer, die Radkarte österreichweit
geringfügig anzuheben und die Privatbahnen
einzuschließen. Die Zillertalbahn löst das Problem
auf ihre Art und verlangt für die Radmitnahme
nichts.
In einigen Schnellzügen
ist die Radmitnahme nicht erlaubt. Wer weiß, wie man
Radreifen abmontiert, verstaut die Teile in großen
(Müll-)Säcken und nimmt sie als Handgepäck gratis
mit.
Zwischen Zell am See und
Krimml gibt es vom 28. 4.2007 bis 7.10.2007 viermal
täglich eine Radtransport-Verbindung, bis Mittersill
im Zug, dann |
im Bus mit Radanhänger. Wer für
die Radmitnahme in der Bahn bezahlt hat, zahlt im Bus nichts
mehr.
Im angrenzenden Oberbayern ist
die Radmitnahme kostenlos, ausgenommen in und um München.
Die Landkreise und der Tourismus zahlen pauschal an die
Bahnen. Kapazitätsprobleme entstanden nur in den Triebwagen
der Bayerischen Oberlandbahn von München nach Tegernsee,
Lenggries und Bayrischzell. Dort musste wieder eine
Radmitnahmegebühr eingeführt werden, um die Nachfrage zu
dämpfen.
Salzburger Rad&Bahn-Fahrende
müssen aufpassen: In Nahverkehrszüge auf bayerischen
Strecken und bis Salzburg Hauptbahnhof sowie in die
Salzburger Lokalbahn darf man ohne Fahrradkarte einsteigen
(in der Lokalbahn fertigt das Zugpersonal ab), in Züge auf
ÖBB-Nahverkehrsstrecken keinesfalls. Radfahrer bedauern,
dass es in den Talent-Triebwagen weniger Kapazität für den
Radtransport gegenüber den bisherigen Cityshuttle-Wendezügen
und keine Aufhängehaken mehr gibt. Die ÖBB Kärnten überlegt,
Haken anzubringen.
Wo die Räder rollen
Spitzenreiter von allen
Bahnstrecken Österreichs bei der Radmitnahme ist die Strecke
von Lienz nach Innichen. Dort werden jährlich zwischen
70.000 und 85.000 Fahrräder transportiert. Dieses Aufkommen
geht großteils auf italienische Urlauber und Urlauberinnen
im Hochpustertal zurück. Es wird durch den Tourismus, durch
Südtiroler Radgeschäfte und Radverleihstationen und die ÖBB
beworben. Einzelne Züge für die Rückfahrt hinauf fahren
bedarfsorientiert nur im August.
Zwischen Spittal und
Lienz werden jährlich rund 10.000 Räder befördert,
auf der Pinzgaubahn vor dem Hochwasser geschätzte
14.000 (danach trotz des Einsatzes von Bussen mit
Radanhängern deutlich weniger), auf der Salzburger
Lokalbahn im Jahr 2006 rund 8.000 sowie auf der
Murtalbahn inklusive paralleler Buskurse 3.080 im
Jahr 2006. Die touristische Wert-schöpfung verhält
sich allerdings nicht proportional zu diesen Zahlen:
Während die im Murtal Radelnden zumeist nächtigen
(dazu kommen noch 6.000 bis 10.000, die mit
Privatbussen den Murradweg zurückgefahren werden),
nächtigen die im Pustertal Radelnden großteils nicht
im Inland.
Entlang des Murtals und
des Drautals wurden Pauschalkarten eingeführt. (Man
sollte genau rechnen, ob man nicht mit der
Vorteilskarte oder mit dem 1-Plus-Freizeitticket
oder dem "Einfachraus-Ticket" billiger draus-kommt.
Eine Preistabelle steht im Kursbuch auf Seite 711) |
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Freundliche Hilfe beim Ein-steigen leisten
die Schaffner der SLB
Foto: Christa SCHLAGER
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Im
Salzburger Obus können außerhalb der
Stoßzeiten Fahrräder kostenlos mit-genommen
werden. Im Foto der Autor dieses Beitrages
Mag. Karl Regner.
Foto: Christa SCHLAGER
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Die ÖBB und der Tourismus
Kärntens und Osttirols bewerben die Kombination „Rad und
Bahn“ im oberen Drautal mittels des deutsch-italienischen
Falters "Rad-Erlebnis-Pass Drauradweg Spittal/Drau -
Innichen". Der Rad-Erlebnis-Pass gilt als Tageskarte
zwischen Spittal und Innichen. Radmitnahme und ein
Gratiseintritt in ein Bad oder Museum entlang des Kärntner
Streckenabschnitts sind inbegriffen. Die Kombikarte kostete
2006 für Erwachsene 19 und für Kinder elf Euro. Zielgruppe
waren daher Fahrgäste, die weitere Strecken mit der Bahn
fuhren. Der Falter enthält den Bahnfahrplan, eine
Kartenskizze mit Kilometerangaben, ein Höhenprofil und die
Liste der Tourismusbüros,die den Rad-Erlebnis- Pass
Drauradweg verkaufen.
Im Jahre 2006 wurden von der
Kombikarte "Murradler" ÖBBMurtalbahn 327 Stück verkauft. Der
steirische Verkehrsverbund informiert seit Jahren mit der
Broschüre "Rad und Bahn" über Radwege und Radmitnahme samt
Routen und Fahrplänen in Steiermark und Umgebung.
Radtouristische Hauptschlagader
Österreichs ist der Donauradweg, auf dem jährlich etwa
85.000 Radgäste ihren Urlaub verbringen. Zusätzlich
unternehmen zirka 200.000 Menschen Tagesausflüge mit dem
Fahrrad. Wie viele davon die Bahn benützen, ist nicht
bekannt. Die Zahl dürfte aber nicht an die Osttiroler
Steilstrecke heranreichen. Bei den Fahrrad-im-Zug-Kilometern
hingegen ist die Bahn zwischen Wolfsthal und Passau wegen
der großen Distanzen überlegener Spitzenreiter.
Die Salzburger Lokalbahn
verbietet die Radmitnahme während der Stoßzeiten nicht, hält
sie aber im Rahmen, indem zur Steuerung ein Entgelt für die
Fahrradmitnahme verlangt wird, an allen Haltestellen
beleuchtete und überdachte Radständer errichtet wurden und
an den drei wichtigsten Aussteigepunkten zusätzlich zu den
Radständern Radboxen gemietet werden können. So stehen
beispielsweise in Bürmoos rund 270 Radständer und in
Salzburg Lokalbahnhof 130, in Itzling 47 und in Bergheim
fünf Radboxen. Somit können Pendelnde die Wegekette "Rad zur
Bahnhaltestelle, Bahnfahrt und sicher verwahrtes Zweitrad am
Zielbahnhof" nutzen. Für den Freizeitverkehr wurde ein "Rad-
und Wanderführer Salzburger Lokalbahn" herausgebracht.
Fahrradmitnahme in innerstädtischen Verkehrsmitteln und
Regionalbussen
In der Wiener U-Bahn und im Salzburger Obus ist die
Fahrradmitnahme außerhalb von definierten Stoßzeiten möglich
(in Salzburg kostenlos, in Wien für Inhaber einer
Jahreskarte kostenlos und für andere um 80 Cent pro Fahrt),
in Innsbrucker Straßenbahnen und Bussen jederzeit kostenlos.
In touristischen Regionen ist
die Radmitnahme teilweise auch in
Regionalbussen möglich,
teilweise nur nach Voranmeldung.
Anm. d Red.: Im Jänner 2007 hat sich das EU-Parlament
im Rahmen der Abstimmung über das so genannte "dritte
Eisenbahnpaket" u.a. dafür ausgesprochen, dass
Hochgeschwindigkeitszüge wie der deutsche ICE und der
französische TGV mit Multifunktionsabteilen für große
Gepäckstücke, Fahrräder und Sportgeräte ausgestattet werden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, weil zwischen
dem EU-Ministerrat und dem EU-Parlament im Rahmen des so
genannten Vermittlungsverfahrens diverse strittige Fragen -
die neuen Rechte der BahnkundInnen betreffend - geklärt
werden müssen. Sollte die endgültige Entscheidung zugunsten
des Einbaues von Multifunktionsabteilen in
Hochgeschwindigkeitszüge ausfallen, werden sich auch die ÖBB
daran halten und den Railjet entsprechend nachrüsten müssen.
Die derzeitige Weigerung der ÖBB, den RailJet für die
Fahrradmitnahme zu öffnen,wäre dann nicht mehr haltbar.
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