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Wie werden Regionalbahnen erfolgreich?


koordiniert von Christa Schlager

Super! Die Salzburger Politiker/-innen haben aus der Vergangenheit
gelernt. Vor 50 Jahren wurde die „Ischler-Bahn“ (Salzkammergut-
Lokalbahn) eingestellt - heute wäre sie ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung des Verkehrs im Zentralraum um die Landeshauptstadt Salzburg und in der Region.

Der Pinzgau-Bahn drohte dasselbe Schicksal - der Kelch ist an ihr vorübergegangen. Der Kampf engagierter Bürger, Bürgermeister und Politiker hat sich gelohnt. Der einhellige Beschluss zur Wiedererrichtung bis Krimml ist in der Landesregierung gefasst, 1,9 Mill. Euro für neue Fahrzeuge liegen bereit. Die neue Lok ist geliefert, drei Steuerwagen und zwei Waggons sind im Anrollen. Der Verjüngungskur der Pinzgau-Bahn steht nichts mehr im Weg. Jetzt soll ein engagierter Betreiber die Chance bekommen, dieser Bahn den Stellenwert zu geben, den sie verdient. Jetzt sollen alle künftigen Nutzerinnen die Chance bekommen, mit ihrer modernen, schnellen Bahn ihre Ziele bequem zu erreichen.

Dass es möglich ist, sogar aus einer schon zur Gänze eingestellten Bahn ein Riesen-Erfolgsmodell zu machen, sieht man anhand der Reaktivierung der Vinschgau-Bahn (Meran - Mals) in Südtirol (Italien). Dass in Österreich nicht nur die Pinzgau-Bahn um ihr Überleben zittern muss, sei am Beispiel der niederöstereichischen Mariazeller-Bahn (St. Pölten - Mariazell)
aufgezeigt.

Der Unternehmensberater Arnulf Schuchmann macht mit seinem Beitrag deutlich, dass es kein Zufall sein kann und sein wird, ob eine Regionalbahn erfolgreich wird oder nicht. Genaue Grundlagenarbeit, zielgerichtete Umsetzung und engagiertes Personal sind die Garanten für den Erfolg.

 

Mag. Peter Haibach, Regionale Schienen
Vinschgau-Bahn: Eine Region ist stolz auf ihre Bahn

Hochbetrieb auf der Vinschgau-Bahn, die erst im Jahr 2005 wieder aufgebaut wurde und binnen zwei Jahren 2 Mio. Fahrgäste pro Jahr beförderte.
Foto: Mag. Peter Haibach
 

Die Teilnehmer/-innen der Verbundtagung genießen den Ausblick und die komfortable Ausstattung des Stadler-Rail GTW's
Foto: Mag. Peter Haibach

Anlässlich des 8. Verkehrsverbundtages in Bozen (Italien), der unter dem Motto „Klimawandel - eine Herausforderung für den Öffentlichen Verkehr“ stand, präsentierten Südtirols Politiker - allen voran Verkehrslandesrat Thomas Widmann - stolz ihre verkehrspolitischen Erfolge. Im Mittelpunkt stand die 1991 eingestellte und erst 2005 wieder eröffnete Vinschgau-Bahn.

Die autonome Provinz Bozen hat viel Geld - ca. 116 Mio Euro - in
die Hand genommen und benötigte ca. 5 Jahre für den Wiederaufbau der 60 km langen Strecke von Meran nach Mals. Dabei sind 690 Höhenmeter zu überwinden. 18 Bahnhöfe waren zu revitalisieren oder teils neu zu errichten. 8 Diesel-elektrische-Gelenktriebwagen GTW 2/6 von Stadler-Rail (Schweiz) in Niederflurbauweise wurden angekauft.

Die anfänglich sehr skeptische bis ablehnende Haltung in der Bevölkerung

hat zusehends in helle Begeisterung umgeschlagen. Die Fahrgast-
zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Waren es am Beginn im Mai 2005 ca. 400.000 Fahrgäste/Jahr, sind es derzeit bereits 2 Mio. Fahrgäste jährlich, die den Vinschgau besuchen. Der Ansturm der Radtouristen führte sogar dazu, dass in Spitzenzeiten die Fahrgäste mittels eigener Busse „nachgebracht“ werden mussten.

Ein Drittel der Fahrgäste der Vinschgau-Bahn antwortete auf die Frage, „Wie wären Sie gefahren, wenn es die Vinschgau-Bahn nicht gäbe?“, sie hätten das Auto benutzt. Immerhin 13 % gaben an, sie wären dann gar nicht gekommen.

Dieser Umschwung in der Bevölkerung und der zunehmende Straßenverkehr rund um Bozen mit ihren ca. 100.000 Einwohnern beflügeln das Land Südtirol, einen eigenen Südtirol-Takt aufzubauen. Für die Umsetzung wurden bereits acht dieselelektrisch betriebene „FLIRT“ von Stadler-Rail angekauft, für 20 weitere Fahrzeuge eine Option gezogen.

Südtirol setzt damit auf nachhaltige Verkehrsprojekte, die auch
touristisch punkten können.

 

Dipl.-Ing. Dr. Manfred VOHLA
Wie die Verkehrspolitik rückwärts geht!
Gedanken anlässlich der 50-jährigen Betriebseinstellung der Schmalspurbahn Salzburg - Bad Ischl und Parallelen in heutigen Tagen!

Planzug am 5.6.2006 am Saugraben-Viadukt Richtung Mariazell / Foto: MBA Mag. Gudbrandur ARNARSON
Vor 50 Jahren, am 30. September 1957, wurde die Salzkammergut-
Lokalbahn (SKGLB) von Salzburg über Mondsee nach Bad Ischl eingestellt, am 10. Oktober 1957 fuhr der letzte Güterzug. Damals provozierte man damit einen mittleren Skandal,weil sowohl die lautstark bekundeten Interessen der Bevölkerung schlichtweg übergangen, als auch politische Modernisierungsbeschlüsse von 1946

konterkariert und ausgereifte Pläne für eine Elektrifizierung trotz bereits angelieferten Materials im Spätsommer 1957 kurzfristig gestoppt wurden.

Heute erstickt die Landeshauptstadt Salzburg in einem täglichen Verkehrschaos, Verkehrskonzepte werden gesucht und teilweise mit der Salzburger S-Bahn auch umgesetzt. Für die Pendlerströme aus dem östlichen Flachgau fehlt jedoch ein geeignetes Angebot. Die nun seit 50 Jahren brach liegende Eisenbahntrasse rückt immer mehr in das Augenmerk der Verkehrsplaner.

Die Tourismusmanager rund um Mond- und Wolfgangsee bis hin nach Bad Ischl beklagen den Verlust dieser im Bewusstsein der Menschen tief verwurzelten und seither schmerzhaft fehlenden Touristenattraktion, wohl wissend sowohl um die Erfolge von Wolfgangsee-Schifffahrt und Schafbergbahn als regionale Merkmale als auch um die Liebenswürdigkeit dieser durch Postbusse nicht ansatzweise ersetzbaren Verkehrsinfrastruktur und Lebensader.

In den letzten fünf Jahren häuften sich die Studien von privater und universitärer Seite (TU Wien, Uni Innsbruck, FH Joanneum Kapfenberg) mit den stets gleichen Zielen, die Verkehrsprobleme im Osten Salzburgs zu lösen und einen darüber noch hinausgehenden Mehrwert für die Regionen zu schaffen. Heute wird die Einstellung der Salzkammergut-Lokalbahn als Fehler erkannt und dessen durchaus kostspielige Korrektur zunehmend ernsthaft in Erwägung gezogen.

Keine 250 km östlich von Salzburg besteht akute Gefahr, exakt dieselben Fehler wie damals zu wiederholen: nach 50 Jahren der Vernachlässigung und einer über 10-jährigen Phase der Uneinigkeit zwischen Bund, ÖBB und Ländern besteht nun große Gefahr, dass der niederösterreichisch-steirischen Mariazeller-Bahn die erforderliche nachhaltige Modernisierung (neue Züge, signalisierter Zugleitbetrieb) versagt wird und sie damit mittelfristig als Verkehrsinfrastruktur - allen politischen Lippenbekenntnissen zum Trotz - unwiederbringlich verloren geht.

Mit heute über 600.000 Fahrgästen jährlich, vor 10 Jahren bei noch deutlich besserem Angebot bei knapp einer Million Fahrgästen, und einem derzeit nicht ansatzweise ausgeschöpften überregionalen und internationalen touristischen Potenzial, ihrer weltweiten Bekanntheit, ihrer technischen Exklusivität und ihrer attraktiven Verbindungsfunktion der Metropole Wien mit dem europäischen Wallfahrtsort Mariazell könnte ein stolzes Stück Österreich und österreichische Identität gepflegt werden.

Dabei wäre es vergleichsweise einfach: ausgereifte Marketingund Sanierungskonzepte, Potenzialschätzungen und Wirtschaftlich-
keitsberechnungen liegen vor und wären - falls politischerwünscht - recht leicht finanzierbar, werden aber in der Schublade gehalten. Was fehlt,ist der verkehrspolitische Auftrag an den Eigentümer ÖBB, seiner Verantwortung nachzukommen und eine geeignete Unternehmensstruktur für dieses Sanierungsprojekt zu definieren, bevor diese und andere Schmalspurbahnen später (und zwar erst nach erfolgter Sanierung) eventuell an die Länder abgetreten werden können. Die Länder wären gut beraten, bereits jetzt klare und nachhaltige Konzepte für die Einbindung der Mariazeller-Bahn in die regionalen Touristikangebote vorzulegen. Speziell das Land Niederösterreich - das Land Steiermark mit Mariazell unternimmt alles, um in dieser Frage nicht aufzufallen - lässt in Analogie zu der bekannten Euphorie des Landeshauptmannes für den Semmering-Bahntunnel und zur erschütternden Konzeptlosigkeit seiner verantwortlichen Stelle nicht wirklich Gutes befürchten:
• 1996: „kein Handlungsbedarf aufgrund Verkehrsdienstevertrags“
• 1998: „Straßenbahnfahrzeuge statt Züge“
• 2000: Ausschreibung und Privatisierung geplant
• 2002: Plan für Rückzug auf einen reinen Nostalgiebetrieb
• 2004: Konzept „Umspurung“ mit Flughafenanbindung für das
Pielachtal (!!)
• 2007: Studie für neue Fahrzeuge, jedoch ohne Betriebsspezifikation

Wie aber die Erhaltung der Infrastruktur mit 21 Tunnel und 75 Brücken langfristig finanziert werden soll, wenn Zug- und Sitzplatzangebot stets zurückgefahren, Komfort und Fahrzeit den heutigen Bedürfnissen nicht nachgezogen werden und professionelles Marketing tunlichst vermieden wird, also die Einnahmen konsequent reduziert werden, wird nicht beantwortet.

Bis zur Landtagswahl in Niederösterreich etwa im April 2008 darf das Thema nicht aufkommen.Obwohl mit der Präsentation eines nachhaltigen Konzeptes, eingebettet in entsprechende Strukturen und gesicherte Finanzierung, alle Seiten gewinnen könnten, glaubt man in der Politik nicht daran.

Wurde deshalb die Mariazeller-Bahn anlässlich des Papstbesuches medial totgeschwiegen, obwohl sie trotz widrigster Witterungs-
umstände und einer murenbedingten Streckenunterbrechung am Vortag alle vorgesehenen 2.300 Wallfahrersicher und zuverlässig nach Mariazell und zurück beförderte? Eine Spitzenleistung mit großartigem Einsatz der Bediensteten vor Ort, die eine nach wie vor bestehende Leistungsfähigkeit unterstreicht, die jedoch in grausamer Analogie zur Salzkammergut-Lokalbahn nicht erwünscht ist.

In Tirol zeigt die schmalspurige Zillertal-Bahn, wie höchst moderner Nahverkehr, gekoppelt mit touristisch maßgeschneiderten Konzepten, unternehmerischen Erfolg bringen kann. Für die Salzburger Pinzgau-Bahn liegen seit 2005 fertige Konzepte vor, die Umsetzung wird jedoch heftigst und aktiv bekämpft, um ja kein Präjudiz für die Mariazellerbahn aufkommen zu lassen. Das führt soweit, dass eine neu gelieferte Lokomotive seit 7 Monaten ungenutzt - bei laufenden Kapitalkosten - in der Remise steht und die Hochwasserschäden von 2005 bis heute nicht behoben wurden.
Dabei könnte die Sanierung der Mariazeller-Bahn und damit die langfristige Erhaltung (als kostengünstigste Variante, günstiger als Einstellung und Abtragung und günstiger als eine dahinvegetierende Museumsbahn) entpolitisiert als unternehmerische Entscheidung des Eigentümers ÖBB im Sinne einer ausgegliederten Tochtergesellschaft erfolgen, an der sich die Länder mittelfristig beteiligen. Dazu müssten die ÖBB sich jedoch wieder vermehrt als größter österreichischer Verkehrsdienstleister verstehen, der auch diese etwas unübliche Herausforderung zu meistern versteht, und die derzeitige Rolle als „Bauunternehmen mit Transportabteilung“ hinterfragen. Um die Weichen 50 Jahre nach der SKGLB-
Einstellung anders zu stellen, wäre eine bundespolitische Klarstellung dazu durchaus wünschenswert.

Quellen:
• „Von Salzburg nach Bad Ischl - die SKGLB Salzkammergutlokalbahn“, von J.O.Slezak,Verlag Slezak,Wien, 1. Auflage 1958, 2. Auflage 1995
• Zeitschrift „Regionale Schienen“, Heft 3/2007, 22. Jahrgang, p. 6 - 9 und 10, Bürmoos, Salzburg
• „Salzkammergutlokalbahn seit 50 Jahren eingestellt“,
Internet:
http://www.schmalspur-europa.at/schmalsp_44.htm

 

Diplom-Wirtschafts-Ing. Arnulf SCHUCHMANN
Pinzgaubahn als Modell

Einleitung:
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Regionalbahnen mit bereits regionaler Verankerung und Führung (z. B. Salzburger Lokalbahn) und Regionalbahnen unter zentraler Führung durch typischerweise Staatsbahnen (z. B. Pinzgau-Bahn, Betrieb durch ÖBB). Regionalbahnen werden hier definiert als „Schienenverkehrsmittel in ländlichen Gebieten mit eindeutig regionalem Bezug und regionaler Erschließungswirkung.“

Wesentlicher Erfolgsfaktor für eine Regionalbahn ist das Eingehen auf die regionalen Bedürfnisse und Besonderheiten, was eine vor-
ort-Führung der Bahn voraussetzt, wie zahlreiche Beispiele aus dem In- und Ausland belegen (Matterhorn-Gotthard-Bahn, Usedomer Bäderbahn etc.).„Erfolgreich“ in diesem Sinne bedeutet: • anerkannt in der Region mit Beitrag zur Entwicklung der Region
• wirtschaftlich (betriebs- und volkswirtschaftlich)
• hoher Modal-Split-Anteil, also viele Wege werden mit der Bahn
unternommen

Im Folgenden werden diese Überlegungen anhand des Beispiels der Pinzgau-Bahn konkretisiert.

Ausgangssituation:
Die ÖBB verfolgen ein Einsparziel von rund 20 Mio. € jährlich, das aus der Einstellung oder Abtretung regionaler Schienenstrecken resultieren soll. Davon betroffen sind insbesondere auch Schmalspurbahnen, wie die Krimmler (Pinzgau-) Bahn oder Mariazeller-Bahn, deren Betrieb strategisch nicht mehr zum künftigen Kerngeschäft der ÖBB gehört. Insoweit sollen manche dieser Strecken in die finanzielle Verantwortung des jeweiligen Landes übergehen. Damit unterliegen sie nicht mehr der klassischen ÖBB-Förderung, sondern dem Privatbahngesetz, nach dem der Bund finanzielle Zuwendungen geben kann. Grundsätzlich geht damit eine höhere finanzielle Beteiligung der Länder und jedoch auch eine stärkere regionale Verankerung einher (zumindest von Bundes- auf Landesebene).

Die „Privatisierung“ von Schmalspurbahnen ist also in aller Regel keine Abkehr von der Trägerschaft durch die öffentliche Hand. Vielmehr ist typischerweise der Eintritt eines Bundeslandes in die Risiken von ÖBB und Bund, z.B. durch die Übernahme von Infrastruktur, Liegenschaften und Betriebsmitteln damit verbunden.

Die Bundesländer müssen sich daher für eine Entscheidung zur Übernahme von Schmalspurbahnen über die wirtschaftlichen Konsequenzen und damit verbundenen Risiken im Klaren sein. Hierzu ist eine sorgfältige Analyse des Ist-Zustandes und ein Zukunftsausblick - ggf. in Szenarien - mit unterlegtem Investitionsund Betriebskonzept sowie Businessplan notwendig.

Im Fall der Pinzgau-Bahn lag seit Mitte Jänner 2007 eine zwischen
ÖBB, Bund und Land Salzburg unterzeichnete Grundsatzvereinbarung vor. Diese regelte finanzielle Eckpunkte und Übergabemodalitäten, stand jedoch unter dem Vorbehalt eines Beschlusses in der Salzburger Landesregierung.

Vorgehensmodell:
Für eine erfolgreiche Regionalbahn bietet sich je nach Situation - bereits regional verankert und geführt, oder noch nicht - folgendes Vorgehensmodell an:

Machbarkeitsstudie:
Im Kern geht es hier um die Frage, ob die verschiedenen Elemente zur Finanzierung unter realistischen Annahmen ausreichen, ein attraktives Angebot zu erstellen:
• Investitionsmittel (z. B. aus MIP (mittelfristiges Investitionsprogramm des Bundes), „Mitgift“, Anschubfinanzierung) für Infrastruktur, Anlagen und Fahrzeuge
• Fahrgeldeinnahmen (Status quo, realistische Annahmen zur Steigerung aus Benchmarks)
• Fahrgeldsubstitute (wie Öko-, Verlagerungs-, Qualitätsbonus
in Österreich)
• Laufende Bestellentgelte (im Fall der Pinzgau-Bahn des Landes
Salzburg)
• Sonstiges (Tourismusförderung/Marketing, Beteiligung an Unterhaltskosten für die Infrastruktur nach z. B. PBG (Privatbahngesetz), Umwidmung von Bestellmitteln von Bus auf Bahn). Die Einnahmenprognosen müssen ausreichen, die jährlichen Kosten nachhaltig zu decken. Hierbei sind auch etwaige Abschreibungen und Zinsen zu berücksichtigen. Naturgemäß ist ein enger Zusammenhang zwischen Kosten für ein attraktives Angebot und Fahrgastprognose zu unterstellen.

Prinzipiell handelt es sich bei der Aufarbeitung der nichtpolitischen Aspekte im Grundsatz um nur zwei Kernfragen, deren Beantwortung selbstverständlich nicht ohne Tücke ist:
• Reichen die vorhandenen Investitionsmittel für die geplanten bzw. notwendigen Maßnahmen aus?
• Reichen die vorhandenen Betriebsmittel für ein „gutes“ und sinnvolles Verkehrsangebot aus?

Erfahrungen bei der Pinzgau-Bahn zeigen, dass die zu Beginn anstehende Aufnahme und Beurteilung des Ist-Zustands häufig durch Informationsdefizite erschwert wird. Dies resultiert unter anderem aus der Vielzahl der Beteiligten und der schwierigen Kommunikation auf Seiten der ÖBB.

Verhandlungen zur Übergabe
An dieser Stelle geht es einerseits um die Finanzausstattung (siehe oben) und andererseits um die physischen Anlagen, die übertragen werden, und deren Zustand. Da der Weiterbetrieb am ehesten erfolgreich mit erfahrenem Personal gewährleistet ist, kommt dem Übergang und der Motivation des Personals besondere
Bedeutung zu.

Nicht zuletzt sind auch andere rechtliche und steuerliche Aspekte betroffen, wie Konzessionen, Nachfolgebetreiber, Vergabeund Beihilferecht, Gesellschafts- und Steuerrecht sowie die vertragliche Fixierung der verhandelten Inhalte.

Mit der auszugsweisen Betrachtung der Voraussetzungen für einen nachhaltigen Betrieb und damit ein positives Votum eines Landes zur Übernahme wird beispielhaft deutlich, welche Aspekte mit dem bisherigen Betreiber und Eigner geklärt werden müssen und welche mit anderen Interessenträgern zu verhandeln sind:

• Betriebsnotwendige Liegenschaften und Anlagen: Hier mag es nicht nur um die bisher genutzten gehen, sondern auch um neue, die für ein künftiges Betriebskonzept relevant sind

• Fahrfertige und nicht ausgezehrte Infrastruktur: Da Schieneninfrastruktur sehr langlebig ist, muss deren aktueller Zustand beurteilt werden,woraus die erforderlichen Investitionen abzuleiten sind

• Fahrfertige und nicht ausgezehrte Fahrzeuge: Neben den regelmäßig eingesetzten Fahrzeugen geht es hier auch um diejenigen, die nur selten oder als Ersatz benötigt werden (Dampflokomotive und Wagen für Nostalgiebetrieb, Abschlepplok) bzw. das, was für die Realisierung des künftigen Betriebskonzepts erforderlich ist - und zwar anzahlmäßig wie auch hinsichtlich des Zustands

• Personalübernahme: Jenseits der Tatsache, dass jeder neue Betreiber mit Personal zu seinen Anstellungsbedingungen tätig sein will, gilt es hier die personalrechtlichen (AVRAG, Arbeitsvertragsrechts-, Anpassungsgesetz), gesellschafts-
rechtlichen (Abspaltung, eigene Betriebsgesellschaft) und konzessionsrechtlichen Aspekte im gegebenen Rahmen zu optimieren

• Zahlungen des Bundes: Üblicherweise zahlt der Bund an von den ÖBB betriebene Bahnen 80 % der Investitionsmittel für die Infrastruktur sowie Tarifstützungsbeiträge (Öko-/Verlagerungsbonus). Bei Übernahme durch das Land fällt der Bahnbetrieb künftig unter das Privatbahngesetz mit (bestenfalls, „Kann-Regelung“) nur 50 %-igem Bundesbeitrag zu Infrastrukturinvestitionen

• Haben die betroffenen Gemeinden tatsächlich ein vitales Interesse an der Bahn? Es ist offensichtlich, dass eine Schmalspurbahn in  der Region von ihrer Akzeptanz und ihrer Einbindung in ebendiese Region lebt. Das Miteinander fordert beide Seiten, z.B. bezüglich Raumordungspolitik, Erschließung/Angebot,Vermarktung, Arbeitgebereigenschaft, Betreuung von Haltestellen etc.

Klarheit muss am Ende der Verhandlungen über diese und weitere Punkte herrschen, um abschließend eine seriöse und detaillierte Risikobeurteilung vornehmen zu können. Dass jenseits der wirtschaftlichen und risikorelevanten Faktoren bei einer Übernahmeentscheidung insbesondere das politische Kalkül von Bedeutung ist, braucht an dieser Stelle nichtweiter ausgeführt zu  werden. Umso mehr ist jedoch eine saubere und nachvollziehbare Aufbereitung der harten Fakten hilfreich und sinnvoll. Hierzu gehört unter anderem auch die Darstellung der Erkenntnis, dass eine Bahn stark fixkosten- sowie anlagengeprägt ist und daher

• das geplante Betriebskonzept eine möglichst intensive Nutzung
der vorhandenen Betriebsmittel (Infrastruktur und Fahrzeuge) aus wirtschaftlicher Sicht erfordert

• eine Entscheidung, die unweigerlich mit Investitionen verbunden
ist (zum Auf-/Ausbau oder zum Rückbau), langfristige Konsequenzen hat.

Sind die vorausgegangenen Schritte zufriedenstellend für alle Beteiligten abgeschlossen, sind die erforderlichen Gremienentscheidungen zu treffen. Dann steht dem Übergang einer Regionalbahn in die regionale Verantwortung nichts mehr im Wege.

Im konkreten Fall der Pinzgau-Bahn konnten die Verhandlungen zwischen den Beteiligten innerhalb von sechs Monaten erfolgreich abgewickelt werden. Damit bestehen aber lediglich mündliche oder schriftlich protokollierte Zusagen und mitnichten unterschriftsreife Verträge.Weiterhin stellen sich dann die Fragen der Umsetzung, also des Transfers von Anlagen, Infrastruktur und Fahrzeugen sowie von Personal mit den entsprechenden rechtlichen Konsequenzen. Bei diesen Arbeiten zum Transaktionskonzept ist neben den rechtlichen Rahmenbedingungen die Einbeziehung neuer Beteiligter erforderlich. Dies führt zur Hinterfragung bereits gemachter Zusagen und zu erheblichem erneutem Erklärungsbedarf, was den Prozess naturgemäß hemmt.

Zusammen mit den Verhandlungen mit den bisherigen Risikoträgern über die „Mitgift“ bei Übernahme der Bahn in eigene
Regie resultieren damit folgende Bausteine bis zur Entscheidungs-
findung für die Landesregierung:

1) Ist-Zustand (Betriebskonzept, Fahrbetriebsmittel, Gebäude, Anlagen und Liegenschaften, Personal, Fahrgäste, etc.)

2) Künftiges Betriebskonzept (Fahrplan, notwendige Fahrbetriebsmittel, Abstellung, Lok-/Triebfahrzeugführerbedarf, etc.)

3) Notwendige Investitionen, insbesondere in Anlagen und Infrastruktur sowie Fahrzeuge

4) Businessplan mit Ermittlung der Kosten auf Basis des geplanten Betriebskonzeptes und Schätzung der Fahrgeldeinnahmen

5) Ableitung eines Risikoprofils für die vorgenannten bewertbaren
Aspekte.

Regionale Verankerung und attraktives Angebot
Die Erfolgsfaktoren nach dem Übergang in die regionale Verankerung zielen überwiegend auf die Akzeptanz der Bahn und ihres Angebotes in der betroffenen Region. Daneben ist  selbstverständlich auch die konsequente Umsetzung der Erneuerungs- und Aufbaumaßnahmen im prognostizierten finanziellen Rahmen entscheidend.

Zur regionalen Verankerung zählen Aspekte wie z. B.:
• intensive Zusammenarbeit mit den regionalen Interessenträgern
(Tourismuswirtschaft, Verbände, Schulen, Behörden, Arbeitgeber)
• abgestimmte Verkehrs- und Raumordnungspolitik
• Ausrichtung auf die lokalen Bedürfnisse der Fahrgäste
• Entscheidungsträger und Ansprechpartner vor Ort
• attraktive Bedienung (enge Fahrplantakte vor neuen Fahrbetriebsmitteln, Zuverlässigkeit auch im Winter, etc.)
• Vermarktung der Bahn gerade auch gemeinsam mit touristischen
Angeboten
• vielfältige Unterstützung der bedienten Gemeinden für „ihre“
Bahn

Wichtig für den Erfolg der Bahn ist daneben ein abgestimmtes Buskonzept. „Keine Konkurrenzierung durch Parallelverkehre, sondern ausgeprägte Zuführungsfunktion“ muss der Leitgedanke sein; hierzu haben die Länder als Besteller die Zügel in der Hand. In der Folge der Betriebsaufnahme unter regionaler Federführung ist die Identifikation der Region mit „ihrer“ Regionalbahn also permanent zu fördern und auf die nicht vorhergesehenen Bedürfnisse schnell und unbürokratisch einzugehen, jedoch immer mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit. Denn Bahnbetrieb ist kein Selbstzweck, sondern dient der Region, finanziert durch die Region und die Allgemeinheit.

Zusammenfassung:
Der Erfolg von Regionalbahnen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, insbesondere von der regionaler Führung und Verankerung. Bis dies erreicht ist, sind eine Reihe von Hürden zu
nehmen, die mehr oder weniger beeinflussbar sind. Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Ausgliederung einer regionalen Bahn aus einem zentral geführten Unternehmen in einem angemessen kurzen Zeitraum sind der Wille der Beteiligten und die Durchsetzungskraft der Verhandlungsführer. Dann hängt es insbesondere vom Ist-Zustand der Bahn und den finanziellen Verhältnissen ab, diesen dorthin zu bringen, dass ein attraktives Bahnangebot erstellt werden kann. Wesentlich dabei ist, dass gemachte Zusagen auch eingehalten und zügig umgesetzt werden. Bei alledem spielt der Faktor „Zeit“ eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wenn - wie im Fall der Pinzgaubahn - inzwischen zwei Jahre nur ein eingeschränkter und sich tendenziell verschlechternder Betrieb durchgeführt wird, dann müssen kurzfristig nach der Entscheidung des Landes Salzburg zur Übernahme erste Zeichen einer „neuen Bahn“ gesetzt werden. Die betroffene Bevölkerung und die Anrainergemeinden brauchen bald ein klares Signal, dass sich etwas zum Guten ändert.

 

Die Autoren

Mag. Peter HAIBACH
Sprecher der Salzburger Verkehrsplattform und von probahn
Österreich sowie Herausgeber der Regionalen Schienen

Dipl.-Ing. Dr. Manfred VOHLA
1968 In Wien geboren, Studium der Techn. Mathematik und Physik, tätig in der Eisenbahnzulieferindustrie als zertifizierter Eisenbahningenieur: 8 Jahre in der Schweiz, 5 Jahre in Deutschland, heute in Wien. Träger des bayrischen Innovationspreises Mechatronik. Verschiedene Projektleitertätigkeiten in Entwicklungs- und Forschungsprojekten.

Dipl.-Wirtschafts-Ing. Arnulf SCHUCHMANN
Geschäftsführender Gesellschafter des internationalen Beratungsunternehmen S2R Consulting (Zürich/Hamburg). Herr Schuchmann beschäftigt sich in der Beratertätigkeit u. a. intensiv mit Restrukturierung, MIS, M&A sowie Verkehrsverbünden und Aufgabenträgerinstitutionen.

 

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