REGIONALE SCHIENEN | Thema
REGIONALE SCHIENEN | Zeitschrift REGIONALE SCHIENEN | Verein REGIONALE SCHIENEN | Tagungen REGIONALE SCHIENEN | Shop
.
 
 

Jobbörse

.

Abonnement

Das RS-Abo besteht aus:
4x RS-Fachzeitschrift

Extra-Ausgabe
    "Salzburger Verkehrstage"

Sonderausgaben

.

Österreich € 35 / Ausland € 40

.

Folgen Sie uns auf Facebook

Partner

Schaffbergbahn & Wolfgangseeschifffahrt

Salzburger Lokalbahn

StadtBus

ÖBB | Österreichische Bundesbahn

StadtBus

TrolleyMotion

probahn Österreich

SLB Pinzgauer Lokalbahn

-

.
 
.

.

. . .
 

Die „Perlen der Alpen“ setzen auf umwelt-
freundliche Mobilität


von Dipl.-Ing. Ernst Lung

„Perlen der Alpen“, was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Vordergründig würde ich als nicht „Eingeweihter“ an Edelsteine oder Halbedelsteine denken, die man irgendwo in einem entlegenen Tal der Alpen findet. Doch Edelsteine sind passiv und können doch nichts für umweltfreundliche, sanfte Mobilität tun.

Nun, ich will die Leserinnen und Leser nicht länger raten lassen, sondern gleich das Geheimnis lüften: Die Perlen der Alpen sind Urlaubsorte, die sich selbst verpflichtet haben, strenge ökologische Kriterien in allen Bereichen des Tourismus einzuhalten, wobei umweltfreundlicher und sicherer Mobilität besondere Bedeutung zukommt, wie die nachfolgende sinngemäße Beschreibung zeigt.

Allgemeine Kriterien
• Der Ort verfügt über ein den touristischen Bedürfnissen entsprechendes umweltverträgliches Mobilitätssystem.
• Der Ort verfügt über ausgewiesene Bereiche hoher Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Radfahrer
• Der Ort informiert über die autofreie Anreise in den Ort/Destination
• Der Ort verfügt über eine zentrale Informationsstelle über umweltverträgliche Mobilität zur „Perle“, im Ort und in der Region
mit kundenfreundlichen Servicezeiten und arbeitet mit regionalen Mobilitätszentralen eng zusammen.
• Der Ort verfügt über ein von der Kommune beschlossenes schriftliches Verkehrsentwicklungskonzept mit engagierten ökologischen Zielen

An und Abreise
• Der Ort ist an allen Tagen zwischen 8 und 22 Uhr mindestens alle zwei Stunden auch ohne eigenen Pkw erreichbar,wobei in kleinen „Perlen“ Anrufsammeltaxis und der Abholung von Gästen durch die Beherbergungsbetriebe große Bedeutung zukommt.
• Der Gepäcktransport zum/vom nächstgelegenen Fernverkehrsbahnhof ist gewährleistet.
• Der Ort unterstützt und berät Gäste aktiv bei der Organisation der autofreien Anreise durch: 1. Suchen der günstigsten/schnellsten Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von und zum Heimatort in die Perle der Alpen; 2. Abholung/Gepäckservice.
• Auf die Werbung für die An- und Abreise mit dem Flugzeug wird bei Entfernungen bis zu 500 Kilometern verzichtet. Bei Flugreisen ab einer Distanz von 2.000 km wird eine Aufenthaltsdauer von mindestens 7 Tagen beworben.
• Die Mitarbeiter der Tourismusorganisation werden nachweislich jährlich zur Philosophie der Alpine Pearls und damit zu den sanft mobilen Angeboten geschult.

Mobilitätsgarantie
• Der Ort ist an das regionale Netz des ÖPNV-Angebot angebunden, das auch an den touristischen Bedürfnissen orientiert ist. Für die Dauer ihres Aufenthalts ist den Gästen eine regionale  Netzkarte für den ÖPNV anzubieten.
•Wenn es die Ortsgröße erfordert, ist ein innerörtliches umweltverträgliches Mobilitätsangebot anzubieten (z.B. Ortsbusse, Anrufsammeltaxis, E-Fahrzeuge, Pferdekutschen etc.) dessen Benutzung für Gäste, die autofrei angereist sind oder während ihres Aufenthalts auf den Pkw verzichten, in der Gästekarte enthalten ist und daher keine Extrakosten verursacht.
• Soweit dies vom Ort beeinflusst werden kann, ist beim Angebot des ÖPNV auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen Rücksicht zu nehmen (z.B. Einsatz von Niederflur-Fahrzeugen)
• Im Ort gibt es mindestens ein Fahrradverleihservice, bei dem auch qualitativ hochwertige Elektrofahrräder ausgeliehen werden können.
• Der Ort/die Destination verfügt über ein attraktives Fuß- und
Wanderwegenetz.

Die „Perlen der Alpen“ bieten somit ein Angebot, das Urlaub ohne Auto und für viele, die im Alltag Pkws nutzen müssen, „Urlaub vom Auto“ ermöglicht und Spaß macht. Nicht zu vergessen ist, dass bessere Angebote öffentlicher Verkehrsmittel einschließlich der Anrufsammeltaxis und Rufbusse, welche auf Bestellung durch die Fahrgäste verkehren, auch die Mobilitätsmöglichkeiten der Einheimischen in den Ferienregionen erheblich verbessern.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch den touristischen Verkehr die Auslastung regionaler öffentlicher Verkehrsmittel im
Tagesverlauf und auch saisonal wesentlich verbessert werden kann: Touristen starten zumeist nach einem gemütlichen Frühstück in der Unterkunft, wenn Pendler und Schüler schon am Ziel sind und in Bussen und Bahnen Kapazitäten frei sind. Die stärkste Nachfrage im touristischen Verkehr tritt in den Schulferien auf, wenn in Busbetrieben und im Schienennah- und -regionalverkehr oft ausreichend Kapazitäten frei sind, die betriebswirtschaftlich sinnvoll durch den Freizeitverkehr genützt werden können.

Zusammenfassend betrachtet ergeben sich also klassische „Win-
Win-Situationen“ für die Fahrgäste und für Unternehmen im öffentlichen Personenverkehr.

Den „Perlen der Alpen“ kommt auch eine Pionierfunktion zu, deren Wirkung weit über die lokalen Beiträge zur Umweltentlastung hinausgeht: Wenn die Urlaubsgäste in den „Perlen“ mit den „sanft-mobilen“ Angeboten zufrieden sind, dann sind sie eher bereit auch ihr alltägliches Mobilitätsverhalten zu überdenken und Alternativen zum Pkw zu nützen.

Schon 22 „Perlen“ laden zum Urlaub ein
Derzeit gibt es 22 Perlen, davon drei in Österreich. Werfenweng
war eine Perle der ersten Stunde und ist seit der Gründung des Dachverbandes im Jänner 2006 dabei. Später sind Hinterstoder und Neukirchen am Großvenediger dazugekommen. Alle „Perlen“ zusammen repräsentieren rund 10 Mio. Gästenächtigungen jährlich. Geht man von durchschnittlich fünf Nächtigungen pro Gast
aus, so werden die Perlen von zwei Mio. Menschen besucht, deren
An- und Abreisen vier Mio. Fahrten ergeben. Gelingt es den „Perlen“, wie beispielsweise Werfenweng, 25% ihrer Gäste zur Bahnreise zu motivieren, so bedeutet dies für die europäischen Bahnen eine Mio. zusätzliche Langstreckenfahrgäste.

Die Erfahrungen der bereits seit Mitte der 1990-er Jahre auf sanfte
Mobilität im Tourismus setzenden Perle Werfenweng zeigen, dass „Urlaub ohne/oder vom Auto“ durchaus gefragt ist und sich Bemühungen um den mit der Bahn anreisenden Gast lohnen.

In Werfenweng konnte die Gästeanzahl mit dem Angebot „Urlaub ohne Auto“ verdoppelt werden. Gäste, die ohne Auto anreisen, erhalten in dieser Perle einen „Sanft-Mobil-Schlüssel“ mit zahlreichen Vorteilen. Die Steigerungsraten der Betriebe, die das Produkt „Urlaub vom Auto“ (sanft mobil, kurz SAMO-Betriebe) anbieten, sind:
+ 109,36 % in den Wintersaisonen 1996/1997 bis 2004/05
+ 59,58 % in den Sommersaisonen 1997 bis 2004

Der große Erfolg der Betriebe in der Angebotsgruppe „Urlaub vom Auto“ zeigt, dass sanft-mobile Ökotourismusangebote auch wirtschaftlich erfolgreich sein können. Umweltschutz und innovative Tourismusbetriebe sind erfolgreiche Partner!

Der volkswirtschaftliche Nutzen, der mit diesen Nächtigungszuwächsen in Werfenweng erzielt werden konnte, liegt bei rund € 3.387.000,–. (Nächtigungsplus mal ca. E 73,– Mehrumsatz pro Gast und Nacht – Wert laut „Gästebefragung Österreich“.) Da die Modellgemeinde Werfenweng ihr Werbekonzept mittlerweile ganz auf das Produkt „Urlaub vom Auto“ ausgerichtet hat und keine zusätzlichen Betten im Ort eingerichtet wurden, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Mehrumsatz ausschließlich diesem Produkt und damit dem Modellvorhaben „sanfte Mobilität“ zuzuschreiben ist.

Auch bei der An- und Abreise erzielte Werfenweng respektable Erfolge:
• Dank der Bewerbung der Bahnanreise und der Einrichtung des „Werfenweng-Shuttles“ konnte der Anteil der Gäste, die in den Wintersaisonen mit der Bahn anreisen von unter 10 % auf über
25 % gesteigert werden. Das „Werfenweng-Shuttle“ ist ein Anrufsammeltaxi vom IC-Bahnhof – Bischofshofen über Pfarrwerfen nach Werfenweng, das zusätzlich zu den Buskursen täglich im Zwei-Stunden Takt von 8 – 22 Uhr Verbindungen anbietet. Monatlich werden über 1.000 Fahrgäste befördert.
• Werfenweng ist Kooperationspartner von AMEROPA, dem größten deutschen Anbieter von Bahnreisen.
• Über Railtours Austria wird ein „Alpenperlen-Ticket“ für die ÖBB
angeboten, das nicht nur die An- und Abreise mit der Bahn und mit Postbussen ermöglicht, sondern an mindestens drei Tagen als Netzkarte für das gesamte ÖBB Schienennetz und die Postbusse gilt. Die Kosten für drei Tage betragen in der 2. Klasse E83,– Voraussetzung ist allerdings ein Buchungsnachweis in einer „Perle“.

Ich hoffe, die Leserschaft mit dieser Einführung motiviert zu
haben, die „Perlen der Alpen“ näher kennen zu lernen. Dazu ist am
besten die Homepage www.alpine-pearls.com geeignet.

Für interessierte (potenzielle) Gäste besteht natürlich auch die
Möglichkeit die Dachorganisation der „Perlen der Alpen“ per Briefpost zu kontaktieren:
Alpine Pearls
c/o TVB Werfenweng
Mag. Karmen Mentil oder Hr. Dr. Peter Brandauer
A-5453 Werfenweng
e-mail: info@alpine-pearls.com
Tel.: +43/6466/20020

Die nachstehende Abbildung zeigt, wo in den Alpen die „Perlen“
zu finden sind:

 

Zum Autor

DI Ernst LUNG, Jahrgang 1956, Raumplaner mit Schwerpunkt Verkehrsplanung, Mitarbeiter des  Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, zuständig für die Konzeption und Betreuung von Projekten in EU- Regionalförder-
programen, insbesondere zum Thema „sanfte“ Mobilität im Tourismus. Die „Perlen der Alpen“ sind im Rahmen des Projekts „Alps Mobility II – Perlen

 

Ihre Meinung ist gefragt!
Schreiben Sie einen Online-Leserbrief zu diesem Thema

 

.

Themen-Übersicht

.

Themen (zufällige Auswahl)

3.

0 mal aufgerufen

RS Thema 09/2014
70 Jahre Obus in der Stahlstadt Linz

41.

3577 mal aufgerufen

RS Thema 11/2007
Kein Kavaliersdelikt: Schwarzfahren und Ausweisfälschungen

7.

22257 mal aufgerufen

RS Thema 09/2012
Die Kombilösung: Karlsruher Stadtbahntunnel im Bau

51.

3189 mal aufgerufen

RS Thema 05/2013
Jugendmobilität führt zu neuer Verkehrskultur

19.

5964 mal aufgerufen

RS Thema 02/2010
Der Bahnhof ist mehr als Verkehrsdrehscheibe

 
 
 
.  
.