Die Zukunft in Gmunden
fährt Straßenbahn...
von Manfred
Straberger
Vom 8. August bis 2.
Oktober 2008 weilte nun
schon zum zweiten Mal
ein nagelneuer
Niederflurtriebwagen für
Testfahrten im regulären
Personenverkehr auf der
Lokalbahn Gmunden –
Vorchdorf (Traunseebahn)
und auf der Straßenbahn
Gmunden. Nach dem
Einsatz eines
Siemens-Combino im Jahr
2003 handelte es sich
diesmal um einen
FLEXITY-Outlook von
Bombardier, und zwar um
das siebente Fahrzeug,
das von insgesamt 32 für
die Innsbrucker
Verkehrsbetriebe und
Stubaitalbahn GmbH (IVB)
vorgesehen ist. Statt
nach Innsbruck wurde der
Triebwagen 305 direkt
aus dem Werk Wien nach
Vorchdorf geliefert, wo
die Einstellungs- und
Abnahmefahrten zunächst
auf der Lokalbahn
stattfanden.
Beim FLEXITY-Outlook
handelt es sich um ein
100-Prozent-Niederflur-
Fahrzeug mit
konventionellen
Achsfahrwerken. Die
Niederflurtechnik
ermöglicht einen
barrierefreien Zugang
und einen durchgängig
ebenen Fußboden im
gesamten Fahrzeug. Es
gibt zwei
Multifunktionsflächen
für Rollstuhlfahrer,
Kinderwagen oder
Fahrräder. Pro
Wagenseite sorgen je
zwei zweiflügelige und
zwei einflügelige
Einstiegstüren für einen
bequemen und raschen
Fahrgastwechsel. Von den
sechs Achsen sind vier
angetrieben. Geringe
ungefederte Massen
sorgen für niedrige
Geräuschemissionen und
somit ein ruhiges
Fahrverhalten. Auch die
Achsfahrwerke tragen
dazu bei, denn sie
ermöglichen den normalen
Sinuslauf. Damit
verbunden ist ein
geringerer Radreifenund
Schienenverschleiß.
Der Triebwagen hat in
der Innsbrucker Version
56 Sitz- und 102
Stehplätze, daraus
ergibt sich eine
Gesamtkapazität von 158
Personen. Durch moderne
Antriebstechnik mit
Bremsstromrückspeisung
wird der
Energieverbrauch um ca.
20 – 30 % reduziert. Die
Fahrzeuglänge beträgt
27,6 m, die Breite 2,4
m, die Höhe 3,5 m, die
Einstiegshöhe 320 mm,
die Fahrzeugmasse
beträgt leer ca. 38 t,
beladen ca. 50 t. [1]
Nach der Abladung des
Triebwagens am 8.August
2008 in Vorchdorf wurden
umfangreiche
Einstellungs- und
Messfahrten
(Bremsmessungen leer und
beladen) mit bis zu 70
km/h auf der Lokalbahn
Gmunden – Vorchdorf
vorgenommen, da dies auf
dem Netz der Innsbrucker
Verkehrsbetriebe derzeit
nicht möglich ist. Nach
der Fahrzeugabnahme und
Fahrerschulungen wurde
am 27. 8. 2008 eine
Presse- und
Politikerfahrt von
Vorchdorf nach Engelhof
und zurück veranstaltet,
zu der neben den
Landespolitikern auch
die Bürgermeister der
Anliegergemeinden der
Lokalbahn Gmunden –
Vorchdorf, aber auch der
Lokalbahn Vöcklamarkt –
Attersee (VA, für die in
einer
Gemeinschaftsbestellung
ebenfalls neue
Triebwagen angeschafft
werden sollen)
eingeladen waren. Bei
dieser Gelegenheit wurde
auch die Eröffnung der
neu gestalteten
Haltestelle „Unterm
Wald“ durch LH-Stv. DI
Erich HAIDER und Bgm.
Franz WAMPL (Gemeinde
Gschwandt) vorgenommen.
Die Politiker der an der
Lokalbahn liegenden
Gemeinden erlebten das
neue Fahrgefühl live und
konnten sich bei den
anschließenden
Informationsgesprächen
im Schloss Eggenberg mit
einem Vertreter der
Firma Bombardier auch
ein Bild über die
besonderen Vorteile
dieser neuen Generation
von Fahrzeugen machen.
Danach gab der Obmann
des Vereines Pro
Gmundner Straßenbahn, DI
Otfried KNOLL, erste
Informationen über das
Projekt der
Verbindungsstrecke
zwischen Straßenbahn
Gmunden und Lokalbahn
Gmunden – Vorchdorf.
Der neue Wagen kam vom
28. August bis 4.
September auf der
Lokalbahn Gmunden –
Vorchdorf im
Fahrgast-Probebetrieb
zum Einsatz. Alle
Gemeindebürger aus
Gschwandt, Kirchham und
Vorchdorf konnten mit
Gutscheinen bis zum 4.
September 2008 eine
Gratis-Fahrt mit dem
neuen Triebwagen
genießen. Im Zuge der
Ausbaumaßnahmen zur
Umsetzung des vom Land
Oberösterreich
forcierten
Bezirksverkehrskonzeptes
werden auch die Bahnhöfe
und Haltestellen
behindertengerecht
umgebaut, etwa durch
barrierefreie Zugänge
und taktile
Bodenleitstreifen an den
Bahnsteigen. Dafür werde
lt. LH-Stv. HAIDER
insgesamt ein Betrag von
2,5 Mio.€aufgewendetwerden.
Seine Kernaussage war,
dass, wenn (und nur
wenn) die anliegenden
Gemeinden einen Beitrag
von 25 % leisten, das
Land Oberösterreich die
restlichen 75 %
übernehmen werde. Zur
wichtigen technischen
Sicherung von
Eisenbahnkreuzungen
werden bei der Lokalbahn
Gmunden – Vorchdorf
weiters drei neue
Lichtzeichenanlagen
installiert werden.
Durch Bogenkorrekturen
und Unterbausanierung
kann die Geschwindigkeit
erhöht werden, um damit
einen Stundentakt zu
ermöglichen. Die
Ausbauphase wird
voraussichtlich Ende
2009 abgeschlossen sein.
[2]
 |
Haltestelle
„Unterm Wald“
der Lokalbahn
Gmunden –
Vorchdorf:
v. r. n. l.:
LHStv. DI
HAIDER,
Bgm.WAMPL, StR.
SAGEDER, Obmann
DI KNOLL, LAbg.
SCHENNER
Foto: Stern &
Hafferl |
Am 5. September 2008
wurde der Tw 305 von
Vorchdorf nach Gmunden
transportiert und auf
dem Streckenstück an der
Esplanade aufgegleist.
Es folgten weitere
Messfahrten vor allem im
Steigungsbereich und die
behördliche
Fahrzeugabnahme. Am 12.
September 2008 wurde in
Kooperation mit dem Land
Oberösterreich, der
Stadtgemeinde Gmunden
und dem Verein „Pro
Gmundner Straßenbahn“
ein großes
Straßenbahnfest unter
dem Motto „Dieser Tag
fährt Straßenbahn... die
Zukunft in Gmunden
auch!“ an der Esplanade
bei der derzeitigen
Endhaltestelle
inszeniert. [3]
Bei der vorangehenden
Pressekonferenz im
Arkadenhaus, dem Sitz
der Firma Stern &
Hafferl, wurde das Thema
der Zusammenführung von
Straßenbahn und
Lokalbahn zur modernen
Stadt-Regionalbahn
besonders betont. „Denn
gute Ideen werden
niemals alt. Darum und
aus vielen anderen
Gründen ist die Vision
des damaligen Gmundner
Bürgermeisters
Kaltenbruner von einem
großzügigen
Straßenbahnnetz in der
Keramikstadt heute
aktueller denn je. Und
das, obwohl diese Idee
schon über 100 Jahre alt
ist. Es oblag zwei
Pionieren im
Straßenbahnbau, den
Ingenieuren Josef STERN
und Franz HAFFERL, einen
kleinen Teil dieser
Vision Wirklichkeit
werden zu lassen. Heute,
mehr als 100 Jahre
später ist die
Weiterentwicklung der
Straßenbahn als Klima
schonendes, komfortables
und effizientes
Verkehrsmittel ein
gemeinsames Ziel mit dem
Land Oberösterreich und
der Stadt Gmunden. Gut
ausgelastete Bahnen
weisen einen sehr viel
niedrigeren
Energieverbrauch pro
Passagier auf. Bei
durchschnittlich 1,2 –
1,4 Personen pro
PKWverbrauchen Straßen-
und Stadtbahnen im
Vergleich drei bis fünf
mal weniger Energie pro
Fahrgast“. [4]
LH-Stv. DI HAIDER
sprach von einer neuen „Win-win-Situation“,
einer echten
Pionierleistung. „...
Der öffentliche Verkehr
ist die richtige Antwort
jetzt, bei stark
gestiegenen
Treibstoffpreisen, bei
ungelösten
Umweltproblemen, ... wir
bauen den öffentlichen
Verkehr
zukunftsorientiert aus!
Stern & Hafferl ist ein
genialer Partner dafür;
der technische
Erfindergeist, der vor
100 Jahren hier seinen
Ausgang genommen hat,
feiert eine neue Blüte
...“
LH-Stv. HIESL
stimmte dem
weitestgehend zu: „Jeder
möchte jederzeit mobil
sein ... Die Prognosen
sind beängstigend: Der
Fahrzeugbestand soll in
den nächsten Jahren
nochmals um 30 %
steigen, der
Güterverkehr noch mehr
... Die Ost-Umfahrung
von Gmunden ist aber
trotz der Straßenbahn
nötig,weil eben auch der
IV nötig ist ...“
Bgm. Heinz KÖPPL
(Gmunden) sprach über
die bereits erfolgte
Generalsanierung der
Straßenbahnstrecke [Kuferzeile,Esplanade,
Ausweichen Keramik und
Tennisplatz, Anm. d.
Aut.], über die
hervorragende
Partnerschaft in den
laufenden Projekten mit
Land, Verein Pro
Gmundner Straßenbahn und
Stern & Hafferl,
insbesondere bei der
Zusammenführung mit der
Vorchdorfer-Bahn. Er gab
sich „... überzeugt,
dass die Straßenbahn
Zukunft hat, dass der
Öffentliche Verkehr eine
große Chance gerade für
so eine kleine
historische Stadt ist;
die Straßenbahn war ja
schon einmal im
Stadtzentrum, vor
x-Jahren [bis 1975,Anm.
d.Aut.], jetzt soll es
wieder so sein...“
Verkehrsstadtrat
SAGEDER: „...
Verkehrspolitik ist nur
dann sinnvoll, wenn sie
nicht reagiert, sondern
agiert. Dementsprechend
muss Verkehrspolitik ...
Zehn Jahre vorausdenken
... Das Zeitalter des
Herausreißens der
Straßenbahn ist vorbei
...“ Er dankte auch dem
Gemeinderat für den
einstimmigen Beschluss,
die Straßenbahn
auszubauen. Derzeit
werden ca. 3.000
Personen/Tag in Gmunden
mit öffentlichen
Verkehrsmitteln
befördert, man hoffe,
durch den Ausbau der
Straßenbahn auf
5.000/Tag zu kommen.
DI Otfried KNOLL,
Obmann des Vereines Pro
Gmundner Straßenbahn und
als solcher Kämpfer der
ersten Stunde für ihre
nachhaltige
Modernisierung, hob
hervor, dass nun 20
Jahre nach der
Diskussion um die
Einstellung der Bahn ein
zukunftsorientiertes
Projekt vorliegt, das
von allen Beteiligten
getragen wird. Die
Überzeugungsarbeit
vieler Jahre hat sich
gelohnt. Er
signalisierte, dass die
beträchtlichen
angesparten Finanzmittel
des Vereins bei
Realisierung des
Zusammenschlusses der
beiden Bahnen zur
Verfügung gestellt
werden.
 |
Der IVB-Tw 305
am 12.09.2008
vor dem
Arkadenhaus, v.
l. n. r.: Ing.
G. NEUMANN,W.
SAGEDER, F.
HIESL, DI E.
HAIDER, H. KÖPPL
Foto: Manfred
STRABERGER |
Ing. Günter NEUMANN
(Stern &Hafferl)
bedankte sich beim Land
Oberösterreich, der
Stadt Gmunden und hob im
Dank an den Obmann des
Vereines „Pro Gmundner
Straßenbahn“ besonders
hervor, dass es vor
allem seinen
unermüdlichen
Initiativen zu verdanken
wäre, dass die
Überzeugungsarbeit
erfolgreich war und dass
die Bereitstellung der
verschiedenen
Testfahrzeuge zustande
gekommen wäre. Er
erläuterte die
technischen Prüfungen im
Zuge des
Verbindungsprojektes
(Trassenplanung,
Verkehrssimulation,
Traunbrücke samt Kuppen-
und Wannenproblematik,
Trauntore,
Klosterplatz). Er
informierte weiters,
dass trotz Testbetriebs
eine separate
Fahrzeugausschreibung
nötig wäre (2009).
Vorgesehen sind drei
Fahrzeuge für die
Straßenbahn und vier für
die Lokalbahn Gmunden –
Vorchdorf.
Gschwandt-Rabersberg
soll im
1/4-Stunden-Takt,Vorchdorf
im 1/2-Stunden-Takt
erreicht werden. Weiters
sei noch der Test eines
Stadler-Fahrzeuges
geplant [5].
Vom Arkadenhaus wurde
dann mit dem Triebwagen
zur derzeitigen
Endhaltestelle
Franz-Josef-Platz
gefahren, wo das
Straßenbahnfest
stattfand. Im Rahmen
eines Festakts gab es
mit
Verantwortungsträgern
weitere Interviews, bei
denen u. a. Bgm. KÖPPL
sagte, das neue Fahrzeug
solle der Bevölkerung
gezeigt werden, um sie
einzustimmen, dass die
Verbindung mit der
Vorchdorferbahn durch
die Innenstadt zum
Klosterplatz und
Seebahnhof möglich wird.
Ing. NEUMANN lud die
Gäste für die nächsten 3
Wochen ein, das neue
Fahrgefühl auf der
Straßenbahn zu testen.
Er wies auf die
detaillierte Studie über
die Durchbindung durch
das Stadtzentrum hin,
die ergeben hätte, dass
alle technischen
Parameter entlang der
Strecke lösbar wären.
Die nächsten Schritte
seien, in Zusammenarbeit
mit Stadt und Land eine
genaue Trassenführung
festzulegen und die
Finanzierung
sicherzustellen. Man
hoffe auch auf Mittel
vom Bund (Klima-Fonds).
 |
Straßenbahnfest
in Gmunden:
IVB-Tw 305 in
Gmunden, Franz-
Josef-Platz
Foto: Manfred
STRABERGER |
Obmann DI KNOLL
konnte mit Stolz sagen,
dass hier eines seiner
Ziele erfolgreich
Richtung Umsetzung
unterwegs ist: „Die
Straßenbahn in Gmunden
ist zwar die kleinste
der Welt, sie ist aber
auf dem Weg, zu einer
der modernsten der Welt
zu werden. Dieses
Fahrzeug, das wir hier
leihweise zum Einsatz
haben, soll der
Bevölkerung vermitteln,
was eine moderne
Straßenbahn leisten
kann: Sie ist vom Bau
nicht nur um 40 Jahre
jünger, sondern sie
vereint sämtliche
Vorteile modernster
Technologien:
Niederflureinstiege,
Klimatisierung des
Fahrgastraumes,
Fahrgastinformationssystem,
Fahrrad- und
Kinderwagenstellplätze.
... Diese Straßenbahn
ist absolut
konkurrenzfähig zum PKW.
... Das Land OÖ. macht
die Zusammenführung
beider Strecken zur
Voraussetzung,um die
Garnituren
mitzufinanzieren. D. h.
in dem Moment, wo die
Trasse festgelegt wurde,
auf der die Straßenbahn
dann bis Vorchdorf
rollen soll, kann die
Ausschreibung der neuen
Fahrzeuge gestartet
werden. Das Ziel ist,
bis 2012 durchgehend
fahren zu können, 100
Jahre nach der
Inbetriebnahme der
Lokalbahn Gmunden –
Vorchdorf.“ [6]
 |
Streckenverlauf
Vorchdorf –
Gmunden Hbf: Die
Verbindung der
Lokalbahn
Vorchdorf –
Gmunden mit der
Straßenbahn
Gmunden
Quelle:
http://www.vorchdorfonline.at |
Quellen:
[1] Quelle: Josef
Schreder (Bombardier):
FLEXITY Outlook
Innsbruck in Vorchdorf &
Gmunden. Präsentation in
Vorchdorf-Eggenberg,
27.08.2008.
[2] Stern &
Hafferl Verkehrsges.
m.b.H.
Pressemitteilung v. 28.
August 2008: Die Zukunft
auf Schiene bringen.
[3]
Die Zukunft in Gmunden
fährt Straßenbahn.
Herausgeber.: Stern &
Hafferl Verkehr. F.d.I.v.:
Ing. Günter Neumann, DI
Otfried Knoll. –
[Gmunden 2008].
[4] Stern &
Hafferl Verkehrsges.
m.b.H.
Presse-Information vom
12. September 2008:
Dieser Tag fährt
Straßenbahn...die
Zukunft in Gmunden auch!
[5]
Pressekonferenz „Dieser
Tag fährt Straßenbahn..“
mit LH-Stv.
Erich Haider und LH-Stv.
Franz Hiesl.
Ein Kurzbericht von
Ludwig Puncochar.
[6]
Podcast: [Befragung
v.] Bgm. Heinz Köppl,
Ing. Günter Neumann
(Stern & Hafferl) sowie
Obmann DI Otfried Knoll
(Verein
Pro Gmundner
Straßenbahn) zum Thema
des Tages.
Literatur (Auswahl):
KNOLL,OTFRIED: Vorwärts
in die
Straßenbahnzukunft.
Presseinformation und
Bilddokumentation über
den Ausbau der Gmundner
Straßenbahn anlässlich
der Eröffnung der
Haltestellen Tennisplatz
und Rosenkranz durch
LHStv DI Haider am 24.
4. 2008.
KNOLL, OTFRIED: Projekt
Stadt-Regionalbahn
Gmunden. In: Eisenbahn
Österreich. 7/2008, S.
368-371.
Verein Pro Gmundner
Straßenbahn:
www.gmundner-strassenbahn.at/
|