Keine Riesen-Lkw in
Europa
BILD:
Monstertruck in freier
Wildbahn: Gigaliner im
„Praxistest“ in
Stuttgart
Quelle: Allianz pro
Schiene / Kraufmann
von Frauke
Jürgens
Deutschland und
Österreich lehnen deren
Zulassung ab, weil sie
eine Gefahr für Umwelt,
Verkehrssicherheit und
Steuergelder sind:
Riesen-Lkw, bis zu 20
Tonnen schwerer und 6,5
Meter länger als
herkömmliche Lkw. Doch
Gefahr droht aus
Brüssel: Die
Straßenmonster könnten
durch die europäische
Hintertür auf unsere
Straßen kommen.
In Deutschland hat die
„Allianz pro Schiene“,
das Bündnis aus
Umweltverbänden,
Verbraucherorganisationen,
Autoclubs und
Gewerkschaften zur
Förderung des
Schienenverkehrs,
bereits 2007 eine
Kampagne gegen
Monstertrucks geführt –
mit Erfolg. Die
Verkehrsminister der 16
deutschen Bundesländer
haben im Herbst 2007
gegen die Einführung von
Gigalinern in
Deutschland entschieden.
Auch in Österreich gibt
es breiten Widerstand
gegen eine Erhöhung der
zulässigen Maße und
Gewichte für Lkw: Die
Gewerkschaft vida, der
Verkehrsclub Österreich
(VCÖ) und der Auto-,
Motor- und Radfahrerbund
Österreichs (ARBÖ) haben
die Gefahr früh erkannt
und treten vehement
gegen Riesen-Lkw ein.
Auch die österreichische
Regierung hat sich
bereits öffentlich
dagegen positioniert.
Denn alles spricht gegen
Monstertrucks. Sie sind
eine Gefahr für die
Verkehrssicherheit, sie
schaden der Umwelt und
sie kosten Milliarden an
Steuergeldern.
Gefährlich,
umweltschädlich, teuer
Bereits heute ist an
jedem fünften
Verkehrsunfall mit
tödlichem Ausgang ein
Lkw beteiligt. Es liegt
auf der Hand, dass
Unfälle desto
gravierendere Folgen
haben, je schwerer die
Fahrzeuge sind. Zudem
behindern Monstertrucks
durch ihre Länge den
Verkehr: Sie machen
Überholvorgänge
unübersichtlich und
haben längere Räumzeiten
an Kreuzungen. Kurz,
Riesen-Lkw erhöhen das
Unfallrisiko für alle
Verkehrsteilnehmer.
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Ein Riesen-Lkw
ist so lang wie
sechs Pkw und
schwerer als ein
vollbetanktes
und
vollbesetztes
Flugzeug des
Typs Boeing 737.
Quelle: Allianz
pro Schiene /
Kraufmann |
„Mehr Fracht pro Lkw –
das spart Lkw-Fahrten
und CO2 und entlastet
die Umwelt.“ Dies
behauptet die Lkw-Lobby.
Fakt ist aber, dass
Monstertrucks mehr
Straßenverkehr und
deshalb mehr
Umweltbelastungen
erzeugen. Denn Gigaliner
machen den
Straßengüterverkehr um
20 % billiger, was zu
einer gigantischen
Verlagerung von den
umweltfreundlichen
Güterbahnen auf die
Straße führen wird.
Allein beim Kombinierten
Verkehr rechnen die
Gutachter K+P Transport
Consultants in einer
Studie im Auftrag des
deutschen
Bundesverkehrsministeriums
mit einer Verlagerung
von mindestens 32 % des
Schienenverkehrs auf die
Straße. Die Gutachter
kommen in einer zweiten
Studie außerdem zu dem
Schluss, dass auch der
Einzelwagenverkehr
betroffen wäre. Bis zu
25 % dieser
Schienentransporte
würden durch Riesen-Lkw
zurück auf die Straße
verlagert. Das heißt im
Klartext: Millionen
zusatzlicher Lkw-Fahrten
auf europaischen Strasen
– eine klimapolitische
Katastrophe.
Brücken, Tunnel,
Leitplanken, Parkplätze,
Bahnübergänge – die
Straßen in Europa sind
weder für 60-Tonner noch
für 25- Meter-Kolosse
ausgestattet. Kosten in
Milliardenhöhe entstehen
für die Allgemeinheit,
um das Straßennetz für
Monstertrucks
auszubauen, und für
Reparaturen, wenn die
Riesen- Lkw den
Verschleiß
beschleunigen.Wer zahlt?
Natürlich die
Steuerzahler.
Grünes Licht aus
Brüssel?
Wenn jedoch die EU
grünes Licht für
Riesen-Lkw gibt, werden
sie unaufhaltsam auch
über österreichische und
deutsche Straßen rollen.
Und die Signale aus
Brüssel sind
alarmierend: Die
EU-Kommission hat Anfang
des Jahres eine Studie
veröffentlicht, die die
europaweite Zulassung
von Gigalinern
empfiehlt.
Die Einzel-Ergebnisse
der Studie stehen
allerdings in krassem
Widerspruch zu der
positiven
Gesamtbewertung von
Riesen- Lkw. Denn selbst
nach der konservativen
Einschätzung der
Gutachter sind die
Kosten für die
Steuerzahler enorm: Sie
rechnen mit bis zu 46
Milliarden Euro an
zusätzlichen
Infrastrukturkosten
allein für den Ausbau
von Brücken. Die
Gutachter geben auch zu,
dass Gigaliner
gefährlicher als
herkömmliche Lkw sind.
Auch die
Verkehrsverlagerung von
der Schiene auf die
Straße räumen sie
ausdrücklich ein. Die
Gutachter gewichten all
diese Fakten jedoch als
gering – wichtiger ist
ihnen die Verbilligung
des
Straßengüterverkehrs,
von dem nur einige
wenige profitieren.
EU-Verkehrskommissar
Tajani hat erklärt, dass
die endgültige
Entscheidung über den
Einsatz von
Monstertrucks auf
EUEbene 2010 gefällt
werde. Die EU-Kommission
will ein zweites
Gutachten zu Mega-Trucks
in Auftrag geben.
Vorliegen soll es im
zweiten Halbjahr 2009 –
nach der Europawahl und
während der schwedischen
EU-Ratspräsidentschaft.
Die schwedische
Regierung hat bereits
angekündigt, die
Ratspräsidentschaft für
einen Vorstoß zugunsten
der Riesen-Lkw nutzen zu
wollen. Den Schweden
geht es vor allem um
industriepolitische
Interessen: In Schweden
sitzen namhafte
Hersteller der
Riesenfahrzeuge, die
neue Absatzmärkte
erschließen wollen.
Offenbar scheut die
EU-Kommission eine
weitere öffentliche
Diskussion des Themas
vor der Europawahl im
Juni 2009. Kein Wunder,
denn Monstertrucks sind
bei den Bürgern nicht
beliebt. Repräsentative
Umfragen aus Deutschland
und Großbritannien
belegen, dass 75 % der
Menschen größere und
schwerere Lkw ablehnen,
insbesondere wegen der
Bedrohung, welche die
Straßenmonster für die
Sicherheit aller
Verkehrsteilnehmer
darstellen. Das
schlagende Argument im
EUVerkehrsministerrat
werden allerdings sicher
die vielen Milliarden
sein, die der Ausbau der
Infrastruktur für
Mega-Trucks kostet;
Stichwort: 46 Milliarden
Euro allein für Brücken.
Derartige Kosten kann
sich derzeit kein
EU-Land leisten,
insbesondere nicht in
Osteuropa.
EU-weites
Aktionsbündnis NO MEGA
TRUCKS
In vielen europäischen
Ländern haben Bürger und
Politik die Gefahr der
drohenden
Riesen-Lkw-Zulassung
noch gar nicht erkannt.
Deshalb hat die „Allianz
pro Schiene“ gemeinsam
mit drei europäischen
Verbänden die Initiative
NO MEGA TRUCKS ins Leben
gerufen, um die
Diskussion in möglichst
vielen
EUMitgliedsstaaten
anzustoßen und
Monstertrucks auf
europäischer Ebene zu
verhindern. Die
Mit-Initiatoren von NO
MEGA TRUCKS sind der
Umweltdachverband
Friends of the Earth
Europe, der Verbund
Europäischer
Automobilclubs EAC und
die Europäische
Transportarbeiter
Föderation ETF.
Die mehrsprachige
Internet-Plattform
www.nomegatrucks.eu
informiert über
Riesen-Lkw und gibt
Verbänden in ganz Europa
die Möglichkeit,
Stellung zu beziehen und
in ihrem Land gegen Mega
Trucks aktiv zu werden.
Denn eine
gesamteuropäische
Öffentlichkeit gibt es
nicht, aber über den
Verkehrsminister und die
EU-Parlamentarier
beeinflusst jedes Land
die Entscheidung auf
EU-Ebene unmittelbar.
In die Mega
Truck-Gegner-Liste auf
www.nomegatrucks.eu
haben sich bereits 145
Organisationen aus 21
Ländern eingetragen, die
insgesamt mehr als 12
Millionen
Einzelmitglieder
repräsentieren. Diese
Liste zeigt den
EU-Entscheidern: Die
Menschen in Europa
wollen keine Riesen-Lkw.
Denn Mega-Trucks sind
Mega-Unsinn.
Unter
www.gigaliner.at
vernetzen sich in und um
Österreich
Institutionen,
öffentliche Verwaltung,
Wissenschaft und
Sozialpartner, um sich
über die weitere
Vorgangsweise gegen die
Monstertrucks
abzustimmen.
NetzwerkkoordinatorInnen
der Gewerkschaft vida,
unter
wirtschaft(at)vida.at.
Mehr Infos auch unter
vida Fakten:
www.vida.at –
Verkehr und Mobilität „Monsterstrucks
bald auf Europas
Straßen?“ und im
VCÖ-Factsheet
www.vcoe.at – „Gigaliner
sind keine Lösung für
Verkehrsprobleme“.
Die Autorin |
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Frauke JÜRGENS
Jahrgang 1966, ist studierte Germanistin und von der
Deutschen Akademie für Public Relations zertifizierte
PR-Beraterin. Nach Stationen im Deutschen Bundestag und bei
Verbänden der Solarenergieforschung und des
Verbraucherschutzes arbeitet sie seit 2002 für die „Allianz
pro Schiene“. Dort verantwortet sie die
Öffentlichkeitsarbeit. |
Allianz Pro
Schiene |
Die „Allianz pro Schiene“ e.V.
ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des
umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In der
Allianz pro Schiene haben sich 16 Non-Profit-Organisationen
zusammengeschlossen mit insgesamt zwei Millionen
Einzelmitgliedern, darunter Umweltverbände, Verkehrsclubs,
Verbraucherschutzorganisationen, Gewerkschaften und
Berufsverbände. Unterstützt wird das Schienenbündnis von
derzeit 85 Unternehmen der Bahnbranche.
Mehr unter
www.allianz-pro-schiene.de |
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