Grenzüberschreitende Fahrgast-Matura
von Erwin Krexhammer
Irgendwo müssen
Tarifgrenzen sein. Es
gibt viele Beispiele,
wie diese fair und
verständlich gehandhabt
werden. Es gibt aber
auch Bocksprünge bei
Tarifen und unnötig
verwirrende und
ungerechte Regelungen.
Sparen durch Stückeln
Wenn ein Senior
mitVorteilskarte von
Salzburg nach Mallnitz
fährt,zahlt er 10,50
Euro.Wenn er die Strecke
stückelt (Salzburg – Bad
Gastein [6,60] plus Bad
Gastein – Mallnitz
[1,80]), spart er hin
und zurück 4,20 Euro.
Grund ist die
Herabstützung der
ÖBB-Tarife durch den
Verkehrsverbund, was bei
einer Fahrt über die
Verbundgrenze
wirkungslos wird.
Durch geschicktes
Stückeln kann man auch
bei einer Fahrt von
Salzburg nach Wien viel
Geld sparen: Man löst
Salzburg Hbf – Unter
Tullnerbach (=300
Tarifkm) plus Unter
Tullnerbach – Wien
Westbahnhof bzw.Wien
Stadtgrenze (=Purkersdorf
Sanatorium), wenn man
eine U-Bahn-Karte hat.
Hier ist der Grund, dass
die ÖBB die profitable
Strecke Salzburg – Wien
künstlich verteuern.
Dass damit auch Salzburg
– Graz verteuert
wird,nimmt die ÖBB in
Kauf. Hier kann man den
Preissprung durch Lösen
von Salzburg Sam nach
Graz umgehen.
Eine Fahrt zum Vollpreis
von Salzburg nach
Gmunden kostet durch
Stückeln der zwei
Verbundtarife (Salzburg
Kernzone bis Attnang
plus Attnang bis Gmunden
Zentrum) um 4,20 Euro
weniger, als wenn man
Obus plus ÖBB-Fahrkarte
plus Straßenbahn kauft.
Dieser Vorteil muss aber
hart erkämpftwerden, da
es im Stadtbereich von
Salzburg nur sehr wenige
Automaten gibt, wo man
eine Fahrkarte nach
Attnang inklusive Obus
erhält.
Stress beim Umsteigen
Knappe Umsteigezeiten
von Buslinien oder
Privatbahnen auf
schaffnerlose ÖBB-Züge
werden dann zum Problem,
wenn man noch eine
Fahrkarte kaufen muss.
(Nicht alle
Fahrkartengattungen sind
in Bussen und
Privatbahnen
erhältlich.) So ist die
Umsteigezeit in
Vöcklamarkt manchmal nur
drei Minuten – inklusive
Bahnsteigwechsel!
Rad-Mitnahme als
Wissenschaft
Ein Rad-Ausflug mit
Bahnrückfahrt im Ennstal
erfordert viel Wissen
und Planung,wenn man
nicht draufzahlen will.
Neben dem Einfach-
Raus-Radticket und der
teuren Radmitnahme im
Schnellzug kommen noch
steirisches
Freizeit-Ticket und
steirisches
Radler-Ticket in Frage.
Da heißt es: Kalkulieren
und rechnen.
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In vielen Fällen könnten freundliche Zugbegleiter die Fahrgast-
Matura entbehrlich machen.
Foto: Christa Schlager |
Kleine und große
Grenzen
Das Bayern-Ticket um 28
Euro gilt für bis zu
fünf Personen unter
anderem von Salzburg bis
zur hessischen
Grenze.Wenn man dann mit
dem Hessen-Ticket
weiterfahren will, muss
man in Kahl am Main
aussteigen und eine
halbe oder ganze Stunde
auf den nächsten Zug
warten. Das
Hessen-Ticket ist in
Bayern nicht erhältlich.
In Lindau und Passau
stehen
ÖBB-Fahrkartenautomaten,
in anderen
Grenzbahnhöfen wie Buchs
und Brenner nicht. In
ÖBB-Automaten im
Großraum Salzburg erhält
man das Bayern-Ticket,
umgekehrt ist das
Einfach-Raus-Ticket in
Freilassing nicht
erhältlich.
An vielen Grenzbahnhöfen
ist zu beobachten, dass
Fahrgäste den Aufenthalt
nutzen, um sich eilig
eine Fahrkarte zu
besorgen, weil das
billiger ist als das
Durchlösen. Die ÖBB
verrechnet fürs Ausland
teurere Tarife als sie
im Ausland gelten. Am
Brenner hat sich das
durch die Führung der
Züge durch DB-ÖBB-FMN (Ferrovia
Milano Nord) anstatt
durch Trenitalia
teilweise geändert. Die
attraktive Mobilcard
Südtirol ist aber am
Bahnhof Brenner nicht
erhältlich. Durch die
Einführung der
Euregio-Tickets nach
Slowenien, Ungarn,
Slowakei und Tschechien
hat sich die Lage
gebessert, doch bleibt
das Gefühl, dass man in
manchen Fällen anders
billiger „drauskommt“,
insbesondere wenn man
nicht nach den
Standardzielen reist.
Buslenker in
Grenzregionen haben es
nicht leicht, weil sie
sich neben dem Lenken
auch mit verschiedenen
Verbundtarifen befassen
müssen. Dabei zahlt dann
manchmal der Fahrgast
drauf: So zahlt man bei
einer Fahrt von Salzburg
nach Waidring die Zone
Lofer doppelt, weil
sowohl der Salzburger
als auch der Tiroler
Verbund die Zone
berechnen.
Bei den Automaten istÖBB
und Salzburger
Verkehrsverbund die
Grenzüberschreitung
gelungen: Fahrkarten
nach Berchtesgaden
findet man unter
„Fahrkarten Inland“. Dem
Salzburger Erzbischof
ist es trotz einiger
Kriege nicht
gelungen,das salzreiche
Berchtesgaden zum Inland
zu machen.
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Warteschlangen vor Fahrkartenautomaten, Unbeholfenheit
beim Bedienen, defekter Automat. Leider ein oft gesehenes Bild.
Foto: Christa Schlager |
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