„Der Kunde hat immer Recht“!
so die Philosophie des neuen Betreibers „WESTbahn“
RS-Herausgeber
Peter Haibach im
Gespräch mit Stefan
Wehinger,
Geschäftsführer der
WESTbahn
RS: Herr
Wehinger, will die
WESTbahn besser als die
ÖBB sein oder nur
anders?
Wehinger:
Die WESTbahn ist ein zu
100 % kundenorientiertes
Unternehmen. Bei uns
gilt der Leitspruch,„Der
Kunde hat immer Recht!“.
Das ist eine andere
Klasse an
Kundenfreundlichkeit.
RS: Wo
liegen die gravierenden
Unterschiede zur ÖBB?
Wehinger:
Die Beurteilung, wer der
Bessere ist, überlassen
wir den Kunden. Die
Ausstattung der
WESTbahn-Züge entspricht
dem Niveau der 1. Klasse
bei den ÖBB. Dadurch,
dass bei uns pro Wagen
ein WESTsteward sich um
die Kunden kümmert,
können wir einen ganz
anderen Kundenservice
bieten. Bei uns gibt es
Gratis-WLAN, und
telefoniert werden kann
im Netz aller vier
Provider.
RS: Haben
die ÖBB nicht auch
Gratis-WLAN?
Wehinger:
Zumindest haben sie es
angekündigt, den Railjet
nachrüsten zu wollen.
Aber glauben Sie mir –
ich bin Physiker –, das
wird nicht
funktionieren, denn das
lässt sich nicht so
einfach nachrüsten. Aber
dass die ÖBB uns
nacheifern, ist ein
schönes Beispiel dafür,
dass Wettbewerb den
Markt belebt.
RS: Wie
sieht es mit den Preisen
aus?
Wehinger:
Bei uns gilt
ausschließlich der
Halbpreis des
Regulärpreises der ÖBB,
wir haben und wollen
keine weiteren
Preisdifferenzierungen.
Es gibt allerdings die
Möglichkeit, in einem
abgegrenzten Bereich im
Oberdeck als
WEStbahn-Clubmitglied
pro Fahrgast zwei Plätze
zu buchen; dafür ist
dann ein Aufpreis zu
entrichten, der dem
Aufpreis der 1. Klasse
der ÖBB entspricht.
RS: Wie
zufrieden sind Sie mit
der ÖBB-Infrastruktur
als Betreiber der
Schienennetzes?
Wehinger:
Sehr zufrieden. Es gab
damit kein einziges Mal
Probleme, da sind
Profi-Eisenbahner am
Werk und keine
PR-Manager.
RS: Welche
Rolle hat dabei die
Schienen-Control
gespielt, die eine
gewisse Kontrollfunktion
einnimmt?
Wehinger:
Die Schienen-Control hat
die Trassenvergabe fair
begleitet und
unterstützt.
RS: Wie
zufrieden sind Sie mit
der Unterstützung durch
das Verkehrsministerium?
Wehinger:
Von der
Fach-Beamtenschaft im
Verkehrsministerium sind
wir gut behandelt
worden, alle Verfahren
wurden schnell und
kompetent
abgewickelt.Von den
politischen Gremien des
Ministeriums und
politischen
Interessenvertretungen
wurden wir
diskriminiert, was
Klagen auf europäischer
Ebene nach sich ziehen
wird.
RS: Was
sind die offenen
Streitpunkte zwischen
ÖBB und WESTbahn?
Wehinger:
Durch den neuen Vertrag
über
gemeinwirtschaftlichen
Leistungen (GWL) werden
die ÖBB „zehn Jahre in
Watte“ gepackt. Da wurde
ein Vollkasko-Vertrag
geschlossen, der den
fairen Wettbewerb
behindert und
mittelfristig auch den
ÖBB schadet, sich
weiterzuentwickeln.
Wettbewerbsverzerrend
ist dabei auch, dass die
ÖBB 85 % des kurzfristig
erhöhten
Trassenbenützungsentgeltes
vom Verkehrsministerium
vergütet bekommen, die
WESTbahn aber nicht!
RS: Wie
gehen Sie mit dem
Vorwurf um, dass die
WESTbahn „Rosinen
pickt“, indem sie nur
auf der attraktiven
Strecke Wien – Salzburg
unterwegs ist?
Wehinger:
Die wahren Rosinenpicker
sind die ÖBB, sie lassen
sich auf den
Bahnstrecken Österreichs
– mit Ausnahme der
Strecke Wien – Salzburg
– fette Subventionen
durch den GWLVertrag
bezahlen, um damit mit
ihrem
Spar-Schiene-Ticket
Preisdumping zu
betreiben. Da werden
ganze Wagenladungen an
Rosinen von den ÖBB
gepickt.
RS: Warum
betreiben Sie nicht auch
andere Bahnstrecken wie
Salzburg – Graz?
Wehinger:
Wir sind dazu
bereit.Wenn diese
Strecken ausgeschrieben
werden, werden wir uns
bewerben, und wird sind
überzeugt, eine bessere
Leistung für weniger
Geld zu erbringen.
RS: Wird
die WESTbahn zum
hauptsächlichen
Busbetreiber? Kritiker
meinen, man ruft die
Geister, die man dann
nicht mehr los wird.
Wehinger:
Wir fahren überall dort
mit den Bussen, wo die
ÖBB ihr Angebot
zurücknehmen und wir
eine Marktchance sehen.
Mit Blaguss haben wir
einen guten Bus-Partner
gewonnen.Wir setzen aber
nach wie vor auf die
Bahn. Überall dort, wo
der Wettbewerb auf der
Bahn zum Zug kommt,
werden wir uns bewerben.
Eine Umwandlung auf
Zugbetrieb ist leicht
möglich.
RS: Haben
Sie eigentlich genügend
Fach-Personal? Es gibt
Gerüchte, sie hätten
dabei Schwierigkeiten.
Wehinger:
Sie können davon
ausgehen, dass wir beim
Start im Dezember gut
aufgestellt sind,
ausreichendes und gutes
Personal haben werden.
Das Interesse, bei uns
zu arbeiten ist sehr
groß. Wir haben derzeit
an die 150 Bewerbungen
offen. Mit derzeitigem
Stand haben wir rund 170
Mitarbeiter/-innen
aufgenommen.
RS: Wie
viele sind da von den
ÖBB zur WESTbahn
gewechselt?
'Wehinger:
Derzeit sind es fünf
Mitarbeiter.
RS: Viele
neue Bahnbetreiber haben
beim Start Probleme,
rechtzeitig die
Betriebsgenehmigung für
ihre Fahrzeuge zu
bekommen. Nachdem die
WESTbahn auf neue
Stadler-Fahrzeuge setzt,
müssen diese erst
zugelassen werden.
Wehinger:
Die Zulassung wird in
der Schweiz vom
Bundesamt für Verkehr
durchgeführt. Dort wird
sehr professionell
gearbeitet, es gibt also
keinen Grund anzunehmen,
dass wir irgendwelche
Genehmigungen zu spät
bekommen.
RS: Woran
messen Sie eigentlich
ihren Erfolg? Sind es
die Einnahmen,
Fahrgäste, Akzeptanz,
... ?
Wehinger:
Wir sind jetzt schon
erfolgreich. Keiner hat
uns zugetraut, das zu
realieren,was wir heute
schon geschafft
haben.Wirtschaftlich
wollen wir im fünften
Jahr kumuliert positiv
bilanzieren.
RS: Wie
sind Sie auf
Störungsfälle, wie
Fahrzeugschaden,
Verspätungen etc.
vorbereitet? Haben Sie
ausreichend
Wagenmaterial?
Wehinger:
Wir haben sieben Züge,
können den Fahrplan aber
auch mit sechs
bewerkstelligen.Wir sind
in der Lage, durch die
modulartige Anordnung
der Fahrzeuge rasch zu
reagieren. Sollte eine
Beförderung einmal
wirklich nicht möglich
sein, werden wir unseren
Kunden Gutscheine
ausfolgen, mit denen sie
jeden anderen Zug
benützen können.
RS: Wie
sehen Sie die
Kooperation mit dem
ÖBB-Personenverkehr?
Fahrgäste wünschen sich
eigentlich ein
Miteinander zum Wohle
der Kunden und nicht ein
Gegeneinander?
Wehinger:
Wir haben den ÖBB
angeboten, die
Fahrkarten gegenseitig
anzuerkennen, die
VorteilsCard ins Angebot
aufzunehmen, bei der
Fahrplan-Info zu
kooperieren. Die ÖBB
haben jedwede
Kooperation abgelehnt.
RS: Wie
stehen die Verhandlungen
mit den
Verkehrsverbünden der
Länder?
Wehinger:
Der ÖBB-Personenverkehr
will nicht, dass die
Verbünde die Züge der
WESTbahn in ihr
Tarifmodell aufnehmen.
Wir sind aber
optimistisch, dass dies
bis zum Start im
Dezember gelingen wird.
Die Verhandlungen laufen
gut. Im Verkehrsverbund
Oberösterreich und
Salzburg wurden wir
bereits aufgenommen.
RS: Der
Einstieg des
Französischen
Staatsbahnen SNCF hat
die Kritiker auf den
Plan gerufen. Es wird
deren Einfluss in
Österreich befürchtet.
Musste das sein?
Wehinger:
Die SNFC sind nur mit 26
% beteiligt, man kann da
von keiner Übernahme
sprechen. Es ist eine
sinnvolle Kooperation,
wir können von deren
Know-How in vielen
Bereichen des Vertriebes
profitieren. Die SNFC
sind sehr gut im
Tourismus verankert.
Außerdem könnten sie bei
den von uns
eingebrachten
verschiedenen Klagen
wegen
Wettbewerbsverzerrung
auf EU-Ebene sehr
hilfreich sein.
RS: Herr
Wehinger, Sie waren
vorher als
Vorstandsdirektor des
ÖBB-Personenverkehrs
tätig, jetzt sind Sie
Geschäftsführer bei der
WESTbahn? Wo würden Sie
den gravierenden
Unterschied in der
Gestaltung sehen?
Wehinger:
Ein
ÖBB-Vorstandsdirektor
kann nicht frei
entscheiden und hat sich
mit Rücksichtnahmen,
Belastungen und
Altlasten
auseinanderzusetzen. Es
gibt viele Leute bei den
ÖBB, die wüssten, was zu
tun ist, die wurden aber
alle frühzeitig in die
Pension geschickt. Die
WESTbahn bietet den
großen Vorteil, nur nach
vorne schauen zu können
und umzusetzen, was
nötig ist. Eine
herausfordernde,
spannende Tätigkeit!
RS: Was war
bislang ihr größtes
Erfolgserlebnis?
Wehinger:
Als wir mit dem ersten
WESTbahn-Zug nach
Österreich gefahren
sind.
RS:
Herr Wehinger, wir
wünschen jedenfalls
einen guten Start und
den Bahnkunden, dass Sie
das Fahrplanangebot
bereichern und dadurch
ein Mehrwert für alle
entsteht.
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