REGIONALE SCHIENEN | Thema
REGIONALE SCHIENEN | Zeitschrift REGIONALE SCHIENEN | Verein REGIONALE SCHIENEN | Tagungen REGIONALE SCHIENEN | Shop
.
 
 

Jobbörse

.

Abonnement

Das RS-Abo besteht aus:
4x RS-Fachzeitschrift

Extra-Ausgabe
    "Salzburger Verkehrstage"

Sonderausgaben

.

Österreich € 35 / Ausland € 40

.

Folgen Sie uns auf Facebook

Partner

Schaffbergbahn & Wolfgangseeschifffahrt

Salzburger Lokalbahn

StadtBus

ÖBB | Österreichische Bundesbahn

StadtBus

TrolleyMotion

probahn Österreich

SLB Pinzgauer Lokalbahn

-

.
 
.

.

. . .
 

„Wenn Ideen Gestalt annehmen...“
 

RS-Herausgeber Peter Haibach im Gespräch mit Georg-Michael Vavrovsky, Vorstandsdirektor ÖBB-Infrastruktur AG

RS: Herr Vorstandsdirektor, Sie haben dem Präsidium des Aufsichtsrates der ÖBB-Infrastruktur AG die vorzeitige Auflösung Ihres Vorstandsmandates per 31. 12. 2012 angeboten. Als Begründung führten Sie an, dass mit der im Dezember 2012 bevorstehenden Inbetriebnahme von weiteren 100 km Neubaustrecke sowie der Teilinbetriebnahme der Hauptbahnhöfe in Wien und Salzburg für Sie die wesentlichsten Ziele Ihrer langjährigen Vorstandstätigkeit erreicht seien. Wenn Sie auf die vergangenen 23 Jahre, in denen Sie die Verantwortung für den Ausbau des österreichischen Hochleistungs-Streckennetzes trugen, zurückblicken: Worauf sind Sie am meisten stolz? Was würden Sie als Ihr erfolgreichstes Projekt ansehen?
Vavrovsky: „Stolz“ ist der falsche Ausdruck. Mir ist es immer darum gegangen, die Zukunft der Bahn mitzugestalten und durch professionelles und ganzheitliches Projektmanagement die übertragenen Projekte termin- und kostengerecht zu verwirklichen. Dass dies bei einem abgewickelten Projektvolumen von etwa 15,0 Milliarden Euro in weiten Bereichen gelungen ist, freut mich jedoch durchaus.

RS: Die ÖBB stehen häufig im Kreuzfeuer der Kritik, trotz der sichtbaren Leistungsbilanz durch Hochleistungsstrecken, Bahnhofsneubauten, Tunnelbauten u.a. Es steht der Vorwurf im Raum, nicht wirtschaften zu können und die Steuerzahlenden über Gebühr zu belasten. Wie erklären Sie sich das?
Vavrovsky: Mit den zur Realisierung von Investitionsvorhaben zur Verfügung gestellten Finanzmitteln gilt es selbstverständlich treuhänderisch umzugehen und das jeweils Beste daraus zu machen. So haben wir seit 2004 bei der Gesamtheit unserer Projekte (mehr als 15 Milliarden Euro) eine Kostenstabilität mit einer Abweichung unter 1% erreicht. Außerdem wurden die von der Bundesregierung vorgeschriebenen Einsparungsmaßnahmen durch ein umfangreiches Effizienzsteigerungs-Programm (mehr als 1.200 Einzelmaßnahmen) umgesetzt und dabei bei gleichem Inhalt und unveränderter Qualität ca. 615 Millionen Euro eingespart. Der Fahrgast von heute nimmt allerdings professionelles Projektmanagement gar nicht, die umfangreiche Modernisierung der Infrastruktur höchstens am Bahnhof wahr. Die zahlreichen modernen Strecken als Grundlage für größere Kapazität und kürzere Fahrzeiten treten für ihn jedoch in den Hintergrund – er benützt sie einfach.

RS: Letztlich wird das Unternehmen am wirtschaftlichen Erfolg der operativen Bereiche Güter- und Personenverkehr gemessen – oder?
Vavrovsky
:
Die operativen Bereiche entrichten für die Benutzung der Infrastruktur ein Entgelt. Dass das Infrastruktur-Benützungsentgelt (IBE) allerdings nicht ausreicht, um die vollen Kosten der Infrastruktur zu decken, ist nicht nur in Österreich so, sondern in ganz Europa. Es liegt aber im Interesse der Verkehrspolitik, den Personen- und Güterverkehr nicht zur Gänze mit den Kosten einer auch noch so wirtschaftlich geführten Infrastruktur zu belasten. Bei der Beurteilung von Erfolg ist daher stets das Gesamtsystem zu betrachten.

RS: Die Planungs- und Ingenieurleistungen der ÖBB-Infrastruktur werden sehr geschätzt, wie jüngst beim Neubau des Salzburger Hauptbahnhofes unter Beweis gestellt wurde, wo bei vollem Betrieb ein neuer Bahnhof im Entstehen ist. Ist die Bahnhofsoffensive in Österreich vollends gelungen?
Vavrovsky: Bei Infrastruktur-Bauten wie den Hauptbahnhöfen geht es darum, Infrastrukturen zur Nutzung für spätere Generationen zu schaffen. Daher muss in der Infrastruktur mit entsprechendem Weitblick geplant und gebaut werden. Dadurch erscheinen manche Bahnhöfe nicht nur modern, sondern durchaus auch großzügig gestaltet zu sein. Sie sind aber eine Visitenkarte für die Zukunft der Bahn und des Öffentlichen Verkehrs insgesamt.

RS: Beim überdimensionierten Ausbau des Bahnhofes in St. Valentin fällt es schwer, das zu glauben.
Vavrovsky: Das ist allerdings ein echter Sonderfall. Der Planung des Bahnhofes St. Valentin lag der Nationale Austrotakt 1991 (NAT 91) zugrunde. Damals ging man von einem Integrierten Taktfahrplan aus, bei dem St. Valentin als Taktknoten vorgesehen war. Der NAT 91 wurde allerdings später nicht mehr weiterverfolgt, daher gab und gibt es dort auch keinen integrierten Taktknoten. Dies macht deutlich, wie wichtig eine langfristige und stabile Strategie bei Streckenausbauten ist.

RS: Wie sieht es mit den kleineren Bahnhöfen aus? Diese scheinen aus dem Blickpunkt der ÖBB zu geraten.
Vavrovsky: Hier werden sich die Länder und Gemeinden wohl vermehrt engagieren müssen, wollen sie ihre Bahnhöfe auch in Zukunft als Eintrittstore in ihre Gemeinden sehen. Dabei werden Eigenleistungen unter anderem auch für die Einbindung in die lokale Infrastruktur erforderlich sein.
 

ÖBB-Infrastruktur-Vorstand Georg Vavrovsky (re.) ist sichtlich gut gelaunt, ob der gelungenen Infrastrukturbauten auf der Westbahnstrecke.

Foto: Markus Fedra

RS: Wie steht es mit der Abstimmung zwischen Betrieb und Infrastruktur? Werden die Infrastruktur-Bauten nach den Fahrplan- Vorgaben des Betriebes erstellt? Hier ist von beiden Seiten der Vorwurf zu hören, dass die Kooperationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden.
Vavrovsky:
Fahrplan-Vorgaben des Betriebes können höchstens als Systemfahrpläne mitbestimmend für die Dimensionierung der Infrastruktur sein, da die jeweiligen Planungsvorlaufzeiten etwa eine Zehner-Potenz auseinanderliegen. Seit 1989 hat aber jede Bundesregierung den Ausbau der Bahn-Infrastruktur – sowohl der Hochleistungsstrecken und der Bahnhöfe als auch des Nahverkehrs – nachhaltig forciert und damit eine langfristige Strategie verfolgt. Großprojekte werden in der Öffentlichkeit jedoch selten positiv bewertet, weil ihr Nutzen oft erst sehr viel später erkannt wird. Dabei ist immer darauf hinzuweisen, dass zwischen Planung, Umsetzung und Inbetriebnahme bei derartigen Projekten viele Jahre bis mehrere Jahrzehnte vergehen.

RS: In der Schweiz wurde 1985 das „Integrale Fahrplankonzept Bahn 2000“ via Volksabstimmung beschlossen. Seit diesem Zeitpunkt bauen die SBB nur das, was diesem Fahrplan 2000 dient. Dadurch war es möglich, durch selektive Streckenausbauten Kosten zu sparen. Warum war das bisher in Österreich nicht möglich?
Vavrovsky:
Die ÖBB-Infrastruktur AG entwickelte in Abstimmung mit dem Verkehrsministerium das Zielnetz 2025+, das vom Ministerrat beschlossen wurde. Das Zielnetz 2025+ baut auf der Ausbaustrategie der letzten zweieinhalb Jahrzehnte auf und legt ganz klar fest, was für die Zukunft noch gebraucht wird. Es bestimmt, welche Maßnahmen zu treffen sind und welche Strecken warum und wo gebaut und ausgebaut werden sollen. Auf Hauptstrecken bildet ein optimierter Taktfahrplan die Grundlage. Aus topografischen Gründen sowie aus Gründen der Verteilung der Bevölkerungsdichte gibt es jedoch keinen Integrierten Taktfahrplan in der Fläche (ITF).

RS: Ärger löst bei vielen Fahrgästen, aber auch bei Experten aus, dass aufwändige Bauten wie Koralm-Tunnel oder Brenner-Basis - tunnel prioritär behandelt werden, hingegen das Geld für Streckensanierungen und Fahrzeuge fehlt.
Vavrovsky:
Seit etwa 2008 wurden die Investitionsvolumina zur Sanierung und Modernisierung des Bestandsnetzes wesentlich erhöht. Damit konnten zahlreiche Langsamfahrstellen beseitigt werden und wurde ein qualitativ hochwertiges Bahnnetz geschaffen. Die ÖBB geben dafür zurzeit nicht viel weniger aus als die DB AG insgesamt.

RS: Wie schneidet Österreich im Vergleich zur Deutschen Bahn bezüglich Infrastruktur-Ausbauten ab?
Vavrovsky:
Österreich befindet sich da auf einem sehr hohen Niveau. Im Vergleich zu Deutschland investiert unser Land in absoluten Zahlen fast 75% der deutschen Budgetmittel in den Schienenausbau – und dies, obwohl Deutschland zehnmal größer als Österreich ist. Die Finanzmittel für den Bahnausbau werden von der ÖBB-Infrastruktur AG über Anleihen auf dem Markt aufgebracht, wobei der Bund in der Regel eine Haftung für 75% dieser Investitionen übernimmt. 25% der Mittel werden derzeit von den ÖBB aus Eigenmitteln beigesteuert, wobei u. a. auch Einnahmen aus der Immobilienverwertung und dem Stromverkauf der ÖBB-eigenen Kraftwerke herangezogen werden.

RS: Heißt das, dass ein etwaiger Verkauf der ÖBB-Kraftwerke die Finanzbasis der ÖBB-Infrastruktur AG schwächen würde?
Vavrovsky:
Ja, das können Sie so sehen, sofern der Bund sein Haftungsvolumen nicht entsprechend anheben würde.

RS: Wo sehen Sie das Unternehmen ÖBB in zehn Jahren?
Vavrovsky:
Ich gebe der Bahn eine große Zukunft, sowohl was den Personen- als auch den Güterverkehr betrifft. Die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen werden sich allerdings da und dort ändern müssen. Kurzfristig mag der Busverkehr dem Bahnverkehr starke Konkurrenz machen, langfristig aber nicht. Im Güterverkehr wird es trotz mannigfaltig vorhandener Interessen und Widerstände auch auf europäischer Ebene zu einer massiven Trendumkehr in eine Richtung kommen, die in der Schweiz schon vor Jahrzehnten eingeschlagen wurde. Bleibt zu hoffen, dass diese Richtungsänderung nicht zu spät kommt.

RS: Was würden Sie sich jedenfalls von Ihren Nachfolgern wünschen?
Vavrovsky:
Es ist uns in den vergangenen Jahren gelungen, ein hoch qualifiziertes Team aufzubauen, das in der Lage ist, hoch komplexe Infrastruktur-Projekte zu realisieren, ein Team, das gewohnt ist, sowohl kollegial als auch sachorientiert mit gegenseitiger Wertschätzung zu agieren. Ich wünsche meinem Nachfolger Dipl.-Ing. Franz Bauer, dass er gemeinsam mit seinem Team die Projekte mit der gleichen Begeisterung und Professionalität wird managen können, wie wir dies auch bisher schon getan haben.

RS: Herr Vorstandsdirektor Vavrovsky, wir wünschen Ihnen noch erfolgreiches Wirken. Sie haben angekündigt, auch nach dem Ausscheiden als Vorstandsmitglied dem Unternehmen ÖBB und Ihrem bisherigen Team weiterhin mit Rat und Tat unterstützend zur Verfügung zu stehen. Wir wünschen Ihnen dabei noch viele interessante Aufgaben und Herausforderungen.
 

Zur Person: Georg-Michael Vavrovsky

Baurat h.c. Dipl.-Ing.
Dr. mont. Georg-Michael Vavrovsky

Vorstandsdirektor der ÖBB-Infrastruktur AG
Ressort: Projektmanagement/Technik

Ausbildung:
- Studium an der Technischen Universität Graz; 1979 Diplom für Bauingenieurwesen
- Montanuniversität Leoben;
1987 Promotion zum Doktor der Montanistischen Wissenschaften
- 1987 Zivilingenieurprüfung beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung
- 1988 Ziviltechnikerbefugnis durch Bundesministerium für Wirtschaftliche Angelegenheiten

Beruflicher Werdegang:
- 1979 – 1988: Mitarbeiter der Ingenieurgemeinschaft für Geotechnik und Tunnelbau, Prof. Dr. F. Pacher/Dipl.-Ing. Ayaydin, Salzburg
- 1988 – 1989: Gesellschafter der Ingenieurgemeinschaft für Geotechnik und Tunnelbau und der IGT Ges.m.b.H., Salzburg
- 1989 – 2004:Technischer Vorstand der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG, Wien
- 2005 – 2009: Ressortvorstand Projektmanagement/Technik der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, Wien
- seit 2009: Ressortvorstand Projektmanagement/Technik der ÖBB-Infrastruktur AG, Wien


zurück zum Seitenanfang

 

Themen-Übersicht

.

Häufig gelesen:
die letzten 30 Tage

1.

687 mal aufgerufen

RS Thema 04/2014
Salzburger Hauptbahnhof – Gelungener Spannbogen von der Historie hin zur Moderne

2.

515 mal aufgerufen

RS Thema 09/2013
Meridian kämpft mit Startschwierigkeiten

3.

426 mal aufgerufen

RS Thema 03/2014
Komfortable Triebwagen fürs Salzkammergut

4.

397 mal aufgerufen

RS Thema 02/2014
Reisebericht: Nachtzüge in Europa – Status quo

5.

390 mal aufgerufen

RS Thema 12/2013
115 Jahre Pinzgauer Lokalbahn – ein wechselvolles Jubiläum

 
 
 
...  
.