Eine neue Ära beginnt:
Westbahn Wien – Salzburg
von
Christoph Posch
Wenn am 9. Dezember 2012
der neue Fahrplan in
Kraft tritt, überholt
erstmals die Bahn das
Auto. Rund 100 km
Neubaustrecke auf der
Westachse gehen in
Betrieb – damit einher
auch eine ganze Reihe
von Tunnelprojekten, die
den Fahrgästen fortan
neue Reisezeiten
ermöglichen. Zusätzlich
zur Tunnelkette im
Inntal gilt vor allem
die brandneue
Hochleistungsstrecke
zwischen Wien und St.
Pölten als Herzstück der
Weststrecke zwischen
Wien und St. Pölten. Das
bedeutet auch, dass
davon nicht nur
Fernreisende, sondern
vor allem die
PendlerInnen im
Nahbereich von Wien
profitieren. Die
Weststrecke mit den
vielen Neu- und
Ausbausektionen kann man
mit Fug und Recht als
Rückgrat des
österreichischen
Bahnverkehrs bezeichnen.
Nirgendwo anders gibt es
einen dichteren
Personenfernverkehr und
-nahverkehr. Aber auch
für den Güterverkehr
bietet die neue
viergleisige Bahn mehr
Ressourcen und damit
noch bessere Chancen für
die Wirtschaft.
Zeitreise von 1860 bis heute...
Drehen wir nun das Rad
der Geschichte bis in
die Gründerzeit zurück.
1860 nahm die k.k.
privilegierte
Kaiserin-Elisabeth-Bahn
die Strecke zwischen dem
Wiener Westbahnhof und
Salzburg in Betrieb. Die
Menschen erhielten
damals ein wertvolles
Gut, nämlich die für
viele leistbare
Mobilität. Waren früher
nur Wohlhabende in den
Genuss des Reisens
gekommen, so schaffte
die Bahn eine günstige
und für große Massen
bestens geeignete
Fortbewegungsmöglichkeit.
Waren Reisen zuvor
beschwerlich und nur mit
Kutschen oder
Pferdefuhrwerken zu
bewerkstelligen, so
konnte man nunmehr in
die von Dampfrössern
gezogenen Waggons
einsteigen und sogar
Tagesfahrten zwischen
weit entfernten Städten
machen. Das gab den
Menschen auch die
Möglichkeit,
Arbeitsstellen, die
möglicherweise auch
besser entlohnt wurden,
auch in weiter
entfernten Städten zu
finden. Damals, vor über
150 Jahren, begann
ebenfalls für die
Menschen eine neue Ära,
die sehr bald zu
Wohlstand und zu einer
umfangreichen
wirtschaftlichen
Entwicklung führte. Die
Bahn entwickelte sich
immer mehr als Mittel
zum Zweck, um pünktlich
zur Arbeit und wieder
nach Hause zu gelangen.
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Linz-Hauptbahnhof mit Dampflok 135.334 (1957).
Quelle: Robert Schrempf |
Infolge
ihrer besonderen
Lage war und ist die
Weststrecke die
bedeutendste Bahnlinie
Österreichs, wenn man
von der Wiener
Schnellbahn einmal
absieht. Seit jeher
kamen auf der
Weststrecke die
modernsten Lokomotiven
und Fahrzeuge zum
Einsatz, wenngleich
diese Bahnlinie erst
verhältnismäßig spät
elektrifiziert wurde.
Erst am 19. Dezember
1952 konnte der
durchgehende elektrische
Betrieb zwischen Wien
und Salzburg aufgenommen
werden. Dennoch war auch
diese späte
Elektrifizierung kein
Hinderungsgrund für den
Aufschwung dieser Achse.
Stets wurden die großen
Schnellzugslokomotiven
der Donaumonarchie und
später auch vom
Nachkriegsösterreich
erstmals auf der
Weststrecke eingesetzt.
Zum Zeitpunkt des
Ersteinsatzes einer
jeden neuen
Fahrzeuggeneration war
die jeweilige Loktype
für die zwischenzeitlich
gestiegenen
Herausforderungen
bereits zu schwach. Die
Elektrifizierung
verzögerte sich jedoch,
wie beschrieben, denn
die Dampflok-Industrie
rang nach einer letzten
Bestätigung und nach
entsprechenden
Bestellungen. Die letzte
österreichische
Dampf-Schnellzugslokomotive,
die Reihe 214 (später
DRB/ÖBB 12) kam zu spät,
und die Weichen in
Richtung der „weißen
Kohle“ waren schon
längst gestellt. Auch
der Anschluss an das
Deutsche Reich konnte
daran nicht mehr
rütteln, wenngleich auch
die Deutsche Reichsbahn
ihre modernsten
Lokomotiven, die
stromlinienverkleideten
03.10, bis nach Wien
einsetzte.
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„Transalpin“ fährt in Linz Hauptbahnhof ein (1971).
Quelle: Robert Schrempf |
Nach dem Zweiten
Weltkrieg hatten die
Wiederaufbauarbeiten
größte Priorität, und
die Weststrecke war als
eine der ersten
Bahnlinien wieder in
ihrer Gesamtlänge
befahrbar. Der
elektrische Betrieb
brachte der wichtigen
Bahnachse endlich die
gewünschte
Leistungsfähigkeit und
auch
Reisegeschwindigkeit. Im
Laufe der Zeit wuchsen
die Bedürfnisse der
Fahrgäste. Neues
Waggon-Equipment wurde
beschafft und nach und
nach in Verkehr gesetzt.
Der Fahrdraht
ermöglichte auch die
große Zeit der
Triebwagenschnellzüge.
Deren prominentester war
der Transalpin, welcher
am 1. Juni 1958 das
erste Mal von Wien in
Richtung Basel aufbrach.
Aber auch hier erwiesen
sich die Fahrzeuge der
Reihe 4130 bereits von
Anfang an als zu schwach
dimensioniert. Erst die
berühmte Reihe 4010
schaffte die
Kundenfrequenzen, und
schrittweise wurden die
wichtigsten Züge als
Triebwagenschnellzüge
geführt. Mit dem
Erscheinen moderner
Elektroloks und neuer
Waggons änderte sich in
den 1970er-Jahren das
Bild auf der Weststrecke
zusehends. Aber noch
etwas änderte sich: Die
Infrastruktur gelangte
schön langsam an ihre
Leistungsgrenzen. Neue
Fahrzeuge konnten die
allgegenwärtige
Konkurrenz, das Auto,
nur noch schwer bremsen.
Anstelle von
Investitionen in die
Schieneninfrastruktur
wurde das Autobahnnetz
weiter und weiter
ausgebaut, und so rang
der „motorisierte
Individualverkehr“ – zu
Deutsch: „die Heilige
Kuh“, das Auto – der
Bahn den Rang als
Mobilitätsdienstleister
Nummer eins ab. Selbst
die besten
Qualitätsoffensiven
konnten den
Motorisierungsgrad nicht
stoppen, und die Bahn
glitt, auch als Folge
des Zustandes der
Infrastruktur, immer
mehr ins Hintertreffen.
Das war übrigens ein
Phänomen, das sich auf
ganz Österreich
ausweitete und sich
nicht nur auf die
Westbahnstrecke
begrenzen lässt.
Ausbaupläne für die Westachse ab 1983
Bereits 1983
präsentierte der
damalige
Verkehrsminister Karl
Lausecker die Pläne zum
Ausbau der Westachse.
Ein Baubeginn war
demnach 1987 und eine
Betriebsaufnahme 1992
vorgesehen. Dennoch
verzögerten sich auch
hier die Ausbaupläne aus
verschiedenen Gründen.
Spätestens im
Jubiläumsjahr der Bahn
im Jahr 1987 war klar,
dass es ein umfassendes
Ausbauprogramm
benötigte, um die
Distanz zum Auto wieder
zu verringern. Das
vielversprechende
Konzept „Die neue Bahn“
sah einen ersten
zaghaften Versuch, die
Bahnstrecken Österreichs
auf künftige
Herausforderungen zu
ertüchtigen, vor.
Darunter war auch der
viergleisige Ausbau der
Westbahnstrecke zu
finden, der vorerst bis
Linz und später bis Wels
und Salzburg geführt
werden sollte. Nur zwei
Jahre später begannen
die ersten
Ausbauarbeiten für eine
neue, leistungsfähige
Bahn. Während in
Deutschland die erste
Neubaustrecke zwischen
Hannover und Würzburg
ans Netz ging, war man
in Österreich noch lange
uneins, wie die
Parameter der neuen
Hochleistungsbahnachse
aussehen sollten. Fest
stand, dass zwei Gleise
für den langsameren Nah-
und Regionalverkehr zur
Verfügung stehen und die
beiden neuen mit
Trassierungsparametern
für schnellfahrende Züge
ausgestattet werden
sollten. Letzteres
bedeutete aber eine
weitgehende
Neutrassierung, denn die
alte Bahnachse war nur
bedingt für höhere
Geschwindigkeiten
tauglich. Der
Güterverkehr selbst
sollte überwiegend auf
der Neubaustrecke
erfolgen.
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Viergleisige Westbahn Linz – Pichling (2007).
Foto: Robert Schrempf |
1994 ging erster
Neubauabschnitt in
Betrieb
Der Ausbau der Westrecke
wurde unter anderem der
Österreichischen
Hochleistungsstrecken AG
(HL AG) übertragen, die
sofort mit den
Planungsarbeiten begann.
1994 ging mit dem
Sittenbergtunnel der
erste Neubauabschnitt
ans Netz. Die letzte
große
Neubaustreckeneröffnung
in Österreich datierte
übrigens zurück bis ins
Jahr 1964, als die
Jauntalbahn zwischen
Bleiburg und St. Paul
ihren Betrieb aufnahm.
In den nächsten Jahren
folgten Schritt für
Schritt die
Inbetriebnahmen von
weiteren
Streckenabschnitten.
Jedoch die größten
Herausforderungen
warteten noch in der
„Pipeline“.
Grundsätzlich wurde die
Trassierung auf eine
Höchstgeschwindigkeit
von 250 km/h ausgelegt.
Das erforderte auch die
Einrichtung eines neuen
Zugsicherungssystems,
das eine kontinuierliche
Überwachung der
Zugfahrten ermöglichte.
Die so genannte
Linienzugsbeeinflussung
LZB wurde installiert,
und das
Hochgeschwindigkeitszeitalter
konnte auch in
Österreich beginnen,
wenn auch „nur“ mit
planmäßig gefahrenen 200
km/h.
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Gewaltig sind die Dimensionen des Bohrschildes einer Tunnelvortriebsmaschine. Mit den
sehr gut sichtbaren Rollenmeißeln wird das anstehende Gebirge zerkleinert und durch
eigene Öffnungen hinter das Schild zu den Förderbändern befördert.
Foto: ÖBB |
Bei fast jedem Aus- bzw.
Neubauabschnitt wurde
folgendermaßen
vorgegangen: Zuerst
errichteten die
Bauexperten die neue
zweigleisige
Fernbahntrasse. Nach
deren Fertigstellung
wurde der gesamte
Bahnverkehr dorthin
umgelenkt, und es wurden
die „langsameren“ Gleise
in Angriff genommen. So
entstand schrittweise
die neue viergleisige
Weststrecke, deren
Gesamtausbau zwischen
Wien und Linz mit dem
Lückenschluss bei
Amstetten im Jahr 2016
weitgehend abgeschlossen
wird. Aber auch der
weitere Ausbau in
Richtung Westen ist nach
wie vor im Plan. Die
viergleisige Trasse soll
über Wels bis nach
Salzburg geführt werden.
Und auch hier werden die
Bahnverkehre weitgehend
entflochten. Während der
Fernverkehr die
Hochgeschwindigkeitsgleise
nutzt, befahren
Güterzuge und der
Regionalverkehr die
langsameren Gleise.
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Der Tunneldurchschlag ist ein ganz besonderer Tag auf jeder Tunnelbaustelle.
Foto: ÖBB |
Wien – St. Pölten:
Die aufwändigste Etappe der Westbahnstrecke
Schrittweise wurde der
viergleisige Ausbau der
Weststrecke bis heute
realisiert. Die
bedeutendste Etappe,
nämlich jene von der
Bundeshauptstadt bis
nach St. Pölten, wird am
23. November 2012, am
175. Geburtstag der
Eisenbahn in Österreich,
eröffnet. Dieser
Abschnitt ist einer der
aufwändigsten überhaupt,
denn es mussten die
Verknüpfungsbauwerke mit
der alten Strecke und
die Neubaustrecke über
das Tullnerfeld und als
Herzstück der
Wienerwaldtunnel
errichtet werden. Von
der Verknüpfungsstelle
in Tullnerbach wird die
Neubaustrecke mit dem
Lainzer Tunnel bis zur
Südbahn geführt und
mündet dort in den
Bahnhof Wien Meidling
ein. Das bedeutete auch,
dass zwei Strecken mit
grundlegend
unterschiedlichen
Betriebsführungen
einander trafen. Die
Weststrecke wird im
Rechts-, die Südbahn
wurde im Linksverkehr
bedient. Um beide
Bahnlinien miteinander
optimal zu verknüpfen,
mussten entweder
aufwändige
„Auskreuzbauwerke“ oder
die Südachse auf
Rechtsbetrieb umgestellt
werden. Letzteres wurde
im August 2012 bis
Payerbach-Reichenau
umgesetzt. Vorangegangen
sind umfangreiche
Informationen für die
BahnkundInnen, denn nach
dem Tag X mussten sie
die richtigen Bahnsteige
finden, um keinen Zug zu
versäumen. Weiters
mussten auch sämtliche
Wegeleitungseinrichtungen
auf die neuen
Erfordernisse adaptiert
werden. Zeitgleich
wurden mit wenigen
Ausnahmen sämtliche
Bahnstrecken der
Ostregion auf
Rechtsverkehr
umgestellt.
Der Lainzer Tunnel
Jahrelang wurde über die
Realisierung des Lainzer
Tunnels diskutiert. 1990
wurde die HL AG mit der
Planung und 1996 mit dem
Bau betraut. Mitten in
Wien ein derartiges
Tunnelbauwerk zu
errichten ist ein
Meisterstück
österreichischer
Ingenieurskunst. Das
Bauwerk beginnt im
Knoten
Hadersdorf-Weidlingau
und führt im Westen von
Wien unter dem Lainzer
Tiergarten bis zum
Verknüpfungsbauwerk in
Meidling und weiter bis
nach Altmannsdorf zur
Donauländebahn. Die
gesamte Trasse läuft in
unmittelbarer Nähe zur
bestehenden historischen
Verbindungsbahn,
teilweise sogar
darunter.
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Sämtliche Tunnelabschnitte wurden mit einer sogenannten „festen Fahrbahn“ ausgestattet.
Foto: ÖBB |
Der Bau des Tunnels, der
1999 startete, war aber
eine riesige
Herausforderung.
Anrainerproteste sorgten
zweimal für eine
Bauunterbrechung.
Verschiedenste Bedenken,
vor allem in puncto
Brandsicherheit, wurden
geäußert. Gemeinsam mit
der Berufs feuerwehr
Wien, der ältesten der
Welt, wurde ein Rettungs
konzept erarbeitet, das
kürzeste Zugriffszeiten
für die Einsatzkräfte
ermöglicht. Das rund
15,4 km lange Bauwerk
verfügt über 28
Sicherheitsausstiege.
Der einröhrige und
zweigleisig ausgebaute
Tunnel ist wie alle
anderen Neubautunnels
mit einer befahrbaren
festen Fahrbahn
ausgestattet, wo
Einsatzkräfte ohne die
Verwendung von
Zweiwege-Fahrzeugen im
Alarm fall mit
herkömmlichen
Einsatzfahrzeugen
anrücken können. Das
Tunnelbauwerk selbst
stellt die Verbindung
von West- und Südstrecke
dar und wird künftig von
Reisezügen mit bis zu
160 km/h und von
Güterzügen mit bis zu
120 km/h befahren. Die
Oberleitung wurde
übrigens nach dem
modernsten Stand der
Technik als Stromschiene
ausgeführt.
|
Mit Verknüpfungsbauwerken werden kreuzungsfreie Einbindungen
in die Bestandsstrecken geschaffen.
Foto: ÖBB |
Eine weitere große
Herausforderung war,
dass aufgrund der
geringen
Gebirgsüberdeckung
spezielle
Sicherungsmaßnahmen bei
den Vortriebsarbeiten
gesetzt werden mussten.
Außerdem erfolgte ein
Großteil der
Ausbruchsarbeiten sehr
langsam im
Bagger-Vortrieb.
Besonders hervorzuheben
ist, dass es trotz des
dicht verbauten Gebietes
kaum zu Gebäudeschäden
kam, obwohl diese oft
nur einen Steinwurf von
der neuen Bahnachse
entfernt waren. In der
sogenannten Weichenhalle
in Hadersdorf-Weidlingau
wird die Verknüpfung zur
Weststrecke und zum
neuen Wienerwald-Tunnel
hergestellt. Die volle
Leistungsfähigkeit
erhält der Lainzer
Tunnel mit der
Voll-Inbetriebnahme des
Wiener Hauptbahnhofes im
Dezember 2015. Dann
werden etliche
Fernverkehrszüge durch
den Tunnel bis in die
neue zentrale
Verkehrsstation Wiens
fahren und für ein
gänzlich neues
Verkehrssystem auf
Österreichs Schienen
sorgen.
Der Wienerwald-Tunnel
Dieser 13.356 m lange
Tunnel ist das
wichtigste Bauwerk der
neuen Weststrecke, die
offiziell am 23.
November 2012 eröffnet
und mit Fahrplanwechsel
am 9. Dezember in
Betrieb genommen wurde.
Der Tunnel selbst
beginnt im Osten in der
Weichenhalle in
Hadersdorf-Weidlingau
und führt zuerst rund
2.300 m in einer
einzigen Röhre mit zwei
Gleisen, bis diese in
einen zweiröhrigen
Tunnel mit jeweils einem
Gleis übergeht. Die
Vortriebsarbeiten wurden
sowohl in offener als
auch in geschlossener
Bauweise durchgeführt.
Während Vortrieb im
zweigleisigen
Tunnelbereich nach der
neuen Österreichischen
Tunnelbaumethode
zyklisch erfolgte,
arbeiteten, vom
Tullnerfeld ausgehend,
zwei
Tunnelvortriebsmaschinen
kontinuierlich am
Tunnelausbruch. Diese
beiden Maschinen hatten
eine derartige
Vortriebsleistung, dass
das Ausbruchsmaterial
per Förderbandstraßen
abtransportiert wurde.
Teilweise wurde das
Material für Schüttungen
oder für Lärmschutzwälle
weiterverwendet, aber
der Großteil des
Materials wurde im
Wienerwald zur
Geländemodellierung
verwendet.
Am 3. September 2007
fand der
Tunneldurchschlag statt.
Die Tunnelröhre wurde im
Rohbau mit Spritzbeton
(bergmännischer
Vortrieb) oder mit
Tübbingen (maschineller
Vortrieb) gesichert.
Speziell für die
Tübbingproduktion wurde
beim Westportal in
Chorherrn eine eigene
Fabrik eingerichtet. Von
dieser
Baustelleneinrichtungsfläche
führte auch eine rund 50
km lange Stollenbahn in
den Berg. Mit
schmalspurigen
Diesellokomotiven und
Waggons wurden die
Tübbinge, Rollkies und
andere Baumaterialien
transportiert. Nach
Beendigung der
Bauarbeiten wurden
sämtliche
Baustelleneinrichtungen
und auch die Stollenbahn
wieder abgebaut. Nach
dem Innenausbau wurden
die feste Fahrbahn und
auch die bahntechnische
Ausrüstung installiert.
Die Bahnstrecke selbst
ist mit dem Europäischen
Zugsicherungssystem ETCS
Level 2 ausgestattet.
Tunnelkette
Perschling
Ein weiteres wichtiges
Baulos der neuen
Weststrecke ist die
Tunnelkette Perschling.
Sie setzt sich aus drei
Tunnels
(Reiserberg-Tunnel 1.370
m lang,
Stierschweiffeld-Tunnel
3.293 m lang, und
Raingruben-Tunnel 2.775
m lang) zusammen. Alle
drei wurden
kontinuierlich mit
Tunnelvortriebsmaschinen
errichtet. Die
Bauarbeiten in diesem
Abschnitt wurden 2003
begonnen und im Juni
2009 abgeschlossen. Im
Knoten Wagram kurz vor
St. Pölten bindet die
neue Westrecke in die
Bestands-Trasse ein.
Regionalbahnhof
Tullnerfeld
Für die Verknüpfung zu
den Regionalbahnlinien
im Tullnerfeld wurde
auch ein neuer
Regionalbahnhof
errichtet. Dieser ist
vor allem deshalb
notwendig, damit auch
die Menschen in dieser
Region von den Vorteilen
der neuen
Bahn-Infrastruktur
profitieren können.
Speziell aus diesem
Grund wurde auch die
Tullner Westschleife
reaktiviert, die die
Verbindung zur
Franz-Josephs-Bahn
herstellt.
|
Der Regionalbahnhof Tullnerfeld wird auch für die ganze Region viele Vorteile und vor
allem eine schnelle Verbindung in die Bundeshauptstadt bringen.
Foto: ÖBB |
Der Weg bis zur
Betriebsaufnahme
Nach Fertigstellung
sämtlicher Bauarbeiten
begann der spannendste
Abschnitt: die
Inbetriebnahme der neuen
Infrastruktur. Ausgelegt
ist die Neubautrasse für
Höchstgeschwindigkeiten
bis zu 250 km/h. Aber
auch das neue
Zugsicherungssystem ETCS
Level 2 musste vor der
Streckeneröffnung
getestet und vor allem
abgenommen werden.
Selbiges betraf auch die
Abnahme der
ETCS-Tauglichkeit bei
den einzusetzenden
Fahrzeugen wie zum
Beispiel bei den
ÖBB-Railjet-Zügen und
Hochleistungslokomotiven
sowie bei den
Triebwagenzügen der
Westbahnmanagement GmbH
und der anderen
Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Speziell für die Abnahme
der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit
der Strecke wurde von
der Deutschen Bahn
(DB-Systemtechnik) ein
eigener Messzug
angemietet, der die
Abnahmefahrten
durchführte. Der ICE-S
gastierte während des
Hochfahrprogramms
mehrere Male in
Österreich – zuerst aber
nur als dreiteilige
Komposition mit zwei
Triebköpfen und einem
Messwagen. Diese
Garnitur stellte am 15.
August 2012 den neuen
österreichischen
Geschwindigkeitsrekord
mit 336,4 km/h auf. Nach
diesen
Innovationsmessfahrten
fuhr die Garnitur nach
Deutschland zurück und
kehrte als achtteilige
Komposition wieder, um
das Messprogramm
abzuschließen.
|
Sämtliche Neubaustreckenbereiche verfügen von Beginn an über
Lärmschutzbauwerke.
Foto: ÖBB |
Eine neue Ära im
österreichischen
Personenverkehr beginnt
Dieser Tag ist ein ganz
besonderer in der
österreichischen
Eisenbahngeschichte: Vor
175 Jahren zog die
zweiachsige Lokomotive „Austria“
den ersten Personenzug
zwischen Floridsdorf und
Deutsch Wagram. Mit
einer „horrenden“
Höchstgeschwindigkeit
von kaum mehr als 20
km/h glitt dieser erste
österreichische Zug über
die Gleise und leitete
die Aufschließung der
Donaumonarchie durch die
Eisenbahn ein. Hatten
damals Medien vor der
höchsten
Geschwindigkeit, die
unwiderrufliche
Einflüsse auf die
inneren menschlichen
Organe haben sollte,
gewarnt, so zischen
heute, 175 Jahre später,
modernste
Hochgeschwindigkeitszüge
über die Gleise. Die
neue Weststrecke
zwischen Wien und St.
Pölten wird ab
Fahrplanwechsel als
erste Bahn in Österreich
mit einer
Höchstgeschwindigkeit
von 230 km/h betrieben,
die Unterinntal- Strecke
mit 220 km/h.
Die Reisezeit zwischen
der Landeshauptstadt St.
Pölten und der
Bundeshauptstadt Wien
wird künftig nur noch 25
Minuten anstelle von 40
Minuten betragen.
Salzburg ist von Wien
aus mit den schnellsten
Zügen in nur 2:22
Stunden erreichbar. Aber
auch neue Produkte wie
zum Beispiel die „REX
200“, die ersten
Hochgeschwindigkeits-Nahverkehrszüge,
werden viele Vorteile
für die Bahnkunden
bringen. Alles in allem
kann man zusammenfassen,
dass durch die neue
Weststrecke wichtige
österreichische Zentren
näher zusammenrücken.
Epochal ist diese neue
Bahnstrecke in mehrerlei
Hinsicht, wie in diesem
Aufsatz beschrieben.
Abschließend bleibt
zusammenzufassen, dass
vor 175 Jahren die erste
Eisenbahn in Österreich
die Pferdefuhrwerke
überholte und ins
Hintertreffen führte.
Heute ist es wiederum
die Eisenbahn, die das
Auto überholt und die
Basis für eine moderne
Mobilitätszukunft für
unsere Gesellschaft und
unserer Kindes- und
Kindeskinder ermöglicht.
Steigen auch Sie ein in
die Zu(g)kunft.
Zum Autor:
Ing. Christoph Posch |
|
Ing. Christoph Posch
(40) ist seit 12 Jahren
Pressesprecher für die Steiermark, Kärnten
und Osttirol bei den ÖBB. Sein „bahnbrechendes“
Hobby, die Eisenbahn, begleitet ihn sein
ganzes Leben. Sein Privatarchiv ist Grundlage
für Publikationen, z. B. in der Konzernzeitung
„Unsere ÖBB“. Herr Posch wirkt auch
als Co-Autor und Autor mehrerer Bücher. |
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